Rezension zu "Das Ehespiel" von Kate Christensen
Dreißig Jahre Ehe - fasst die gemeinsame Zeit von Harry und Luz in einer Zahl zusammen, die bei näherer Betrachtung, keine Garantie für das Bis-das-der-Tod-uns-scheidet-Versprechen ist.
Es sind Notizen und Gedichte von Harry, die Luz ihn vor die Türe setzen lassen, ohne auf seine Unschuldsbekundungen einzugehen.
Die gemeinsamen Kinder, Freunde und ihr geliebtes Heim in Brooklyn stellen nicht länger eine Verbindung zwischen ihnen her. Luz erscheint unerreichbar nach all den Jahren. Als sie dann noch die Scheidung einreicht, muss Harry sich fragen, wer diese fremde Frau ist und wie oder ob er an dieser Ehe wirklich festhalten mag.
Höhen und Tiefen bringen nicht nur das Leben, sondern auch eine Ehe mit sich.
"Es war nicht immer leicht." wird man von fast jedem Ehepaar hören, die Jahrzehnte miteinander verbracht haben.
Wo wäre die Herausforderung, wenn es leicht wäre ? Wie könnte man die schönen Zeiten genießen, wenn man keine schlechten kennt ?
Wie aus einer Familie vier einzelne Menschen werden, auseinandergetrieben von ihren unterschiedlichen Arten dem Leben entgegenzutreten, hat Kate Christensen in diesem Buch sehr gut dargestellt.
Dabei arbeitet sie mit Rückblicken, die die LeserInnen aus der Sicht von Dichter Harry erfahren.
Während Harry, gefangen in seinem Leid, der Hoffnung und dem Wunsch unterliegt, Luz zurückzugewinnen, waren für mich durch den Abstand die taktischen Fehler auf diesem (Ehe-)spielfeld, die zu dem schleichenden Verfall der Ehe geführt haben, schnell offensichtlich. Somit konnte ich mich als Leserin entspannt zurücklehnen und Harry auf seinem Weg der Selbsterkenntnis und als stiller Wegbegleiter seiner erwachsenen Kinder Karina und Hector beobachten. Der Dichter durchläuft dabei unterschiedliche Stationen und Veränderungen, nimmt Aushilfsjobs zum Überleben an und ist in Bewegung, bis er seinen Platz in seinem Leben findet.
Eine aufwühlende Handlung oder gar einen Spannungsbogen sollte man hier nicht erwarten.
Wenn man jedoch gern verfolgen mag, wie das Leben so spielen kann, wird hier auf poetische Art sehr gut bedient.
Dies als dramatische Wendung einer Ehe zu bezeichnen, wäre fast schon untertrieben. Psychodramatische Züge hat das Voranschreiten des Zerfalls angenommen, sodass ich mich fragen musste, wie Harry dies solange erdulden - fast schon ertragen - konnte. Auf der Gemütlichkeit des Seins hat er sich ausgeruht. Dadurch hat es sehr lange gedauert, bis ich Symphatie für Harry als Protagonisten aufbringen konnte, was auch, in Verbindung mit der dezenten Handlung, meine Wertung von 3,5 Sternen erklärt.
Mein Dank geht an den Droemer Verlag für dieses Rezensionsexemplar.