Der 23. Juni 2016 ist in die Geschichtsbücher eingegangen als der Tag, an dem ein Teil der Briten beschloss, nicht länger Teil der EU sein zu wollen. Ein empörter Aufschrei ging damals durch die ganze Welt und man musste fassungslos mit ansehen, wie die große europäische Idee ein Stück weit zerbrach. Doch waren nicht alle Briten für den Austritt, immerhin gewannen die EU-Gegner nur mit einer knappen Mehrheit. Aber wie gingen die Briten damit um, die gegen den Brexit stimmten? Genau dieser Thematik hat sich Kate Connolly in Exit Brexit angenommen. Die britische Guardian-Korrespondentin, die seit Jahren mit ihrem Mann und Kindern in Potsdam lebt, beschreibt eindrücklich ihre eigene persönliche Erfahrung und Betroffenheit mit dem Brexit und vor allem die Auswirkungen auf ihr Leben als Britin bzw. Europäerin.
„DU WIRST NICHT MEHR DIESELBE SEIN“
Besonders deutlich sticht ihre große Betroffenheit über den Brexit hervor, den sie mit dem Schock nach 9/11 oder nach dem Tod von Prinzessin Diana gleichsetzt. Denn dieses Votum war nicht nur eine politische Entscheidung, sondern betraf auch die Frage der Identität. Die Wahlmöglichkeit, ob man nun Europäer, Brite oder Engländer sein möchte, wurde ihr und vielen anderen genommen. Connollys Umgang damit war es, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen und so begleitet der Lesende die Britin durch die Phase der Einbürgerung und die Zeit danach. Herrlich ist hierbei auch der trockene, britische Humor, der einem in jeder Zeile entgegenspringt sowie die amüsanten Vergleiche zwischen den Briten und den Deutschen. Neben ihrer Sicht auf den Brexit gibt Connolly auch einen kurzweiligen, aber lehrreichen und informativen geschichtlichen Abriss zum Verhältnis zwischen Großbritannien und Europa seit Winston Churchill wieder und erinnert an die ursprüngliche europäische Idee.
Durch die Verflechtung von persönlichen Erlebnissen und historischen Fakten wird die Perspektive und auch die Sorgen der Engländer für einen selbst verständlicher. Man begreift, wie es überhaupt zum Votum kommen konnte und wie der Brexit die Briten entzweit. Manchmal verliert sich die Autorin in Detailbeschreibungen und etwas mehr Distanz hätte an einigen Stellen trotz der eigenen Betroffenheit nicht geschadet, dennoch ist das Buch amüsant, kurzweilig und sehr informativ. Eine gute Mischung aus Sachbuch und Biographie.
Kate Connolly
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Exit Brexit
Neue Rezensionen zu Kate Connolly
„Exit Brexit“ von Kate Connolly mit dem Untertitel „Wie ich Deutsche wurde“ greift ein aktuelles Thema auf. Die Autorin lebt als Korrespondentin des „Guardian“ und des „Observers“ in Deutschland, ist aber Britin. Sie lebt in Potdam mit ihrer Familie: Mann und zwei Kinder. ********************************************************************************* Was mir immer sehr gut gefällt ist, wenn es im Buch ein Inhaltsverzeichnis gibt, denn so kann ich mir schon mal einen Überblick verschaffen. BREXIT MEANS BREXIT MEIN ENTSCHLUSS DEUTSCHE ZU WERDEN ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 2. IT´S COMPLICATET GROSSBRITANIEN UND EUROPA SEIT WINSTON CHURCILL ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 3. WE ARE FAMILY MEIN LEBEN ZWISCHEN GROSsBRITANNIEN UND DEUTSCHLAND ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 4. ARE WE YET? BREXIT, EINBÜRGERUNG, MEIN ERSTES JAHR ALS DEUTSCHE UND ANDERE TURBULENZEN +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ 5. HOME SWEET HOME *************************************************************************************** Diese Kapitel enthalten Unterkapitel und so kann der Leser, wie bei vielen Sachbücher, sich erst mal das Thema herauspicken, was ihn besonders interessiert. Für mich waren erst mal das 3. und 4. Kapitel interessant, das sie und ihre Familie betrifft und sich mit einigem für sie typischem Deutschen auseinandersetzt. Die erste Begegnung mit der deutschen Sprache erlebte die Autorin bereits als Kind, als sie sich für eine Fremdsprache entscheiden musste. Daraus entwickelte sich der Wunsch Deutsch zu lernen und sie baute zunächst durch die Lektüre von Kinderbüchern zb Emil und die Detektive und Heidi, eigenen Vorstellungen von Deutschland auf. Kate Connolly bekennt selbst in ihrem Buch auf S. 109: „Die Sprache war ohne jeden Zweifel meine Eintrittskarte.“ Das gesamte Buch ist in einer leicht zu lesenden Sprache geschrieben, teilweise liest es sich fast schon wie die Erlebnisse in einem Roman. ***************************************************************************************** Eine lesenswerte Lektüre, die für mich den Haken des Preises hat. 19 Euro für ein quasi Taschenbuch erscheinen mir etwas hoch.