Versuch eines Verstehens.
In einer Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz lernten sie sich kennen: die politisch interessierte Kati und der ehemalige Häftling Jurek dieses berühmt - berüchtigten Lagers. Kati ist sehr jung und Jerzy Hronowski, genannt Jurek, sehr alt. Sie fühlt sich zu seiner Wärme und seiner Mitteilsamkeit hingezogen und sieht sich mit ihren Erzählungen von ihm verstanden. Nun ist Jurek tot und Kati ist auf dem Weg nach Warschau, um an seiner Beerdigung teilzunehmen.
Bei dieser Gelegenheit trifft sie Jureks Sohn Tomek und seine Enkel. Ernste Fragen bewegen sie: warum hatte Jurek keinen Kontakt mehr zu Tomek, der jetzt erst aus Amerika nach Polen gekommen ist, um von seinem toten Vater Abschied zu nehmen? Warum sind so viele von Jureks Freundschaften im Streit geendet?
Auf der Suche nach Freunden und Menschen, die ihre eigenen Geschichten zu erzählen haben, trifft Kati auf seltsame Schicksale, die in irgendeiner Weise alle mit der deutsch-polnischen Geschichte zu tun haben.
Katarina Bader unternimmt den Versuch, aus vielen Bausteinen der Erinnerung eine Biographie zu schreiben.
Dabei zeigt sich, dass Erinnerungen subjektiv sind und sich nie gleichen.
Jurek war unter widrigen Umständen als politischer Häftling in das KZ Auschwitz geraten und hat Gräuel mit angesehen, die sein Leben für immer prägten. Die seelischen Beschädigungen durch die katastrophalen Haftbedingungen haben das Leben Jureks unruhig und anfällig für Anfechtungen gemacht. Er blieb für immer eine Kämpfernatur.
Mit diesem Buch ist sowohl eine Biographie entstanden als auch ein Geschichtsbild über Polen und Deutschland im zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit.
Die Schatten der Vergangenheit reichen bis in die Gegenwart hinein, und Katarina Bader gibt den diversen Berichten, Erfahrungen und Lebensgeschichten mit ihren Aufzeichnungen ein Gesicht. Es ist eine oszillierende Geschichte von Menschen, die in unterschiedlichen Lebensumständen aufgewachsen sind und in ihren Haltungen zu politischen Systemen Schwankungen ausgesetzt waren. Sie befassen sich durch die Bekanntschaft mit Jurek intensiv mit der deutsch-polnischen Geschichte.
Die als Chronologie mit eigenen Erlebnissen verfasste Geschichte ist substanzreich, vielseitig und ausführlich bis fast ausschweifend.
Katarina Bader lebt in München und arbeitet als Journalistin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studiengang Osteuropastudien der Münchner Universität.