Katharina Meyer

 3,6 Sterne bei 120 Bewertungen

Lebenslauf

KATHARINA MEYER lebt als Übersetzerin von Romanen und Sachbüchern in Düsseldorf. Sie hat in Düsseldorf und Santiago de Compostela literarisches Übersetzen studiert und überträgt Werke aus dem Englischen, Spanischen und Französischen ins Deutsche. Für „Tram 83“ von Fiston Mwanza Mujila wurde ihr 2017 der Internationale Literaturpreis verliehen. Für „Tanz der Teufel“, ebenfalls von F.M. Mujila, erhielt sie 2021 den Anerkennungspreis des Zuger-Übersetzerstipendiums.

Quelle: Verlag / vlb

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Neue Rezensionen zu Katharina Meyer

Cover des Buches Hunger und Zorn (ISBN: 9783293006270)
A

Rezension zu "Hunger und Zorn" von Alice Renard

Anja_Anja1
Berührend

Isor ist anders. Sie spricht nicht, hat Wutausbrüche, ist ständig unruhig. Keiner weiß so richtig was mit ihr ist. Ihre Eltern sind hoffnungslos überfordert und ziehen sich mit ihr immer mehr zurück. Als die Eltern einen Wasserschaden in der Wohnung haben, bitten sie einen älteren Nachbarn sich im Isor zu kümmern. Die Beiden verstehen sich gut und schon bald entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft, die das Leben aller Beteiligten ganz schön auf den Kopf stellt.


Im ersten Abschnitt wird aus der Sicht der Eltern erzählt. Der Vater kann mit seiner Tochter nicht viel anfangen, ist heillos überfordert. Die Mutter spricht voller Liebe von ihr, doch auch sie weiß oft nicht mit ihr umzugehen. Der zweite Teil wird aus der Sicht vom Nachbarn Lucien erzählt. Er sieht so viel mehr in Isor als ein wütendes Mädchen. Im dritten Teil lesen wir dann Isors Sicht auf die Dinge. 


Hier wurde sehr feinfühlig geschrieben. Ein Mädchen, dass anders ist. Eltern, die überfordert sind und mit so vielen Zweifeln und Ängsten konfrontiert sind. Ganz im Gegenteil zu Lucien, der sie so akzeptiert wie sie ist. Das war schon sehr berührend. Emphatisch wurde hier aus jeder Perspektive berichtet, immer auch absolut nachvollziehbar. Ein besonderes Buch über ein besonderes Mädchen, das nicht in die gesellschaftliche Norm passt. Ich hab dieses Buch sehr gern gelesen. Es ist unheimlich wichtig Menschen eine Stimme zu geben, die nicht so sind wie es erwartet wird. 

Cover des Buches Hunger und Zorn (ISBN: 9783293006270)
pardens avatar

Rezension zu "Hunger und Zorn" von Alice Renard

parden
Vom Mythos der Normalität...

VOM MYTHOS DER NORMALITÄT...

Wenn die kleine Isor von ihren Streifzügen zurückkehrt, kann ihre Mutter nur erahnen, wo sie war. Mit den Fingern löst sie die Zöpfe der Tochter, findet Löwenzahnblüten, Grashalme, einen Käfer. Erzählen wird Isor nichts – denn Isor ist nicht wie andere Kinder. Sie spricht nicht, lernt nicht, lebt in stummen Gedanken und tobenden Wutausbrüchen. Gefangen in einer Realität, die nicht die ihre ist, treibt sie ihre Eltern in die Verzweiflung. Bis sie eines Tages auf Lucien von nebenan trifft und in dem vorsichtigen, einsamen Alten eine verwandte Seele erkennt. (Verlagsbeschreibung)

Isor ist ein besonderes Kind - und ja, auch ein schwieriges Kind. Es spricht nicht, reagiert nicht auf seine Eltern, kommt kaum zur Ruhe, nimmt nichts von dem an, was die Eltern ihm beibringen möchten. Isor bekommt Wutanfälle, deren Ursache oft unklar ist, und sie beruhigt sich unversehens, wenn im Fernsehen japanische Sendungen laufen. Dies erfahren wir im ersten Kapitel, wenn abwechselnd aus Sicht der Mutter und des Vaters die Kindheit Isors im Zeitraffer erzählt wird, immer auch mit den Eindrücken und Empfindungen der Eltern einhergehend. Ein hartes Schicksal gerade auch für diese. Ärzte und Fachleute helfen nicht weiter, niemand findet eine Antwort auf die Frage, was mit diesem Kind los ist, bis die Eltern beschließen: Schluss jetzt. Niemand bekommt Isor mehr zu Gesicht, die Familie bleibt isoliert.

Während der Vater eher verzweifelt-hilflos auf Isors "Naturgewalten" reagiert, obschon seine Liebe dabei auch deutlich wird, bemüht sich die Mutter eher um ein Verstehen der Verhaltensweisen ihrer Tochter - sie versucht den Sinn dahinter zu sehen, was es ihr erleichtert, diese hinzunehmen. Durch die tagebuchartigen Skizzen und protokollartigen Stellungnahmen der Eltern ist dies ein sehr eindringliches Leseerlebnis - was für Bilder im Kopf dabei entstehen! Im zweiten Kapitel kommt es dann zu einem abrupten Perspektivwechsel. Die Eltern bitten den alten Nachbarn Lucien, für einige Stunden auf Isor aufzupassen. Daraus entwickelt sich unversehens eine tiefe Freundschaft zwischen dem Mittsiebziger und der anfangs 13jährigen Isor, und es ist Lucien, aus dessen Sicht die Ereignisse der folgenden Jahre erzählt werden. Diese Freundschaft bewirkt allmählich eine Veränderung des Mädchens, das plötzlich Fähigkeiten zeigt, die zuvor nicht zu ahnen waren. Das dritte Kapitel schließlich beinhaltet erneut einen Perspektivwechsel samt Ortswechsel weg von Paris - und eine große Überraschung, die hier natürlich nicht verraten wird.

Haben mich die Perspektivwechsel und dadurch auch die Änderung des Schreibstils zunächst irritiert, fand ich den Roman letztendlich doch herausragend komponiert. Auch habe ich im Verlauf aufgehört, mich über einige unlogische oder wenig vorstellbare Details zu wundern, sondern beschlossen, diese Erzählung eher als ein modernes Märchen zu sehen. Sehr gut gefallen hat mir dabei die empathische Haltung allen Figuren gegenüber, die auch mit dem Mythos von Normalität bricht. 

Ein überaus interessant konstruierter Debütroman (die Autorin war gerade einmal 21 Jahre alt, als sie ihn schrieb), der mich überrascht und fasziniert hat. Leseempfehlung!


© Parden

Cover des Buches Hunger und Zorn (ISBN: 9783293006270)
Maselis avatar

Rezension zu "Hunger und Zorn" von Alice Renard

Maseli
Ein Blick auf die besondere Isor

Isor ist ein besonderes Kind. Sie spricht nicht, lernt nicht, lebt in stummen Gedanken und tobenden Wutausbrüchen und treibt mit ihrer haltlosen Impulsivität und Unruhe ihre Eltern in die Verzweiflung.

Ich war nicht dafür gemacht, der Vater eines solchen Kindes zu sein.

Doch dann tritt Lucien in ihr Leben, ein älterer Herr und Nachbar der Familie und Isor, nun ein 13jähriges Mädchen, findet in ihm jenen Menschen, der sie aus ihrer Isolation herauszuholen vermag.

Meine persönlichen Leseeindrücke

„Hunger und Zorn“ ist ein ungewöhnliches Buch. Es erzählt von einem besonderen Menschen und ist nicht mein erstes Buch dieser Art. Die Franzosen müssen ein bestimmtes Gespür für Familiengeschichten mit besonderen Kindern haben. Ich denke da an den Roman "Brüderchen" von Clara Dupont-Monod, deshalb kommt mir der Stil und auch der Inhalt nicht ganz so neu vor.

Der Roman, in nur 3 Kapiteln unterteilt, bietet durchaus interessante Gedanken und Anregungen zum Umgang mit besonderen Kindern und deren Familien. Zum einen ermöglicht das Buch einen Blick auf eine Familie, die durch die Tochter von einem gewohnten, genormten Leben weggehen und dabei neue emotionale Fähigkeiten entwickelt muss und zum anderen fokussiert es die Entwicklung von Isor, die sich von einer anstrengenden, rücksichtslosen Tochter in eine eigenständige junge Frau verwandelt. 

Ich liebe deine fast unmenschliche Fähigkeit, schonungslos glücklich zu sein, ohne Rücksicht auf Verluste. Einfach nur schonungslos glücklich.

Das 1. Kapitel, das mir am besten gefallen hat, betört durch einen Zweiklang von Mutter und Vater, die über ihre Tochter erzählen. Diese Liebe, die zu Beginn und auch zwischendurch von Angst gezeichnet ist, verlangt von den Eltern ein Hinaus- und Hineinwachsen in andere Zuneigungsformen. Sehr liebevoll finde ich die Aussagen beider Elternteile, auch wenn mit etwas Trauer durchflochten, weil ein besonderes Kind auch eine besondere Herausforderung bedeutet und das Leben nicht einfach ist.

Mit dem 2. Kapitel hingegen beginne ich mich von der Geschichte zu entfernen. Der Fokus verschiebt sich von den Eltern weg und auf Lucien zu, dem älteren Nachbarn, zu dem Isor eine besondere Verbindung aufbaut. Doch ist manch erzählte Episode zweideutig und es dauert, bis ich Luciens Harmlosigkeit verstehe. Er erfüllt die Rolle des richtigen Spielpartners und des verständnisvollen Großvaters, der die heranwachsende Isor gleichzeitig beruhigen und emotional berühren kann. Was den Eltern verwehrt bleibt, schafft Lucien mit Leichtigkeit. 

Der große Knall kommt aber im letzten Kapitel und ich verschweige nicht, dass ich mich überrumpelt fühle. Normalerweise urteile ich nicht nach glaubwürdig oder nicht. Dafür ist ein Roman Fiktion, aber hier komme ich an meine Grenzen. Denn die wundersame Wandlung des eigenartigen Mädchens, das weder sprechen noch lesen oder schreiben, ja sich weiß Gott kaum artikulieren kann, in eine junge Frau, die es von Paris alleine nach Sizilien schafft und ihren Eltern Briefchen schickt, entbehrt einiger Logik. Es kann schon sein, dass Isor überdurchschnittlich intelligent ist und dadurch sprechen, lesen, schreiben, mit Geld umgehen, einkaufen, reisen, etc. intuitiv gelernt hat, nur hätte die Autorin dazu kleine Andeutungen geben können. Davon steht aber nichts geschrieben und ich muss mir Rätselhaftes zusammenreimen. Da kann ich die Augen noch so fest zudrücken und mich durch Isors Schreibklang in eine andere Welt entführen lasse, diese Defizite kann ich nur schwer überwinden.

Fazit

Mit „Hunger und Zorn“ biete Alice Renard einen Blick auf ein besonderes Mädchen, das sich von einer stummen, tobenden und impulsiven Tochter in eine junge, selbstständige Frau entwickelt. Trotz der Einzigartigkeit der Romanfigur und dem anmutenden Schreibklang lässt mich die Lektüre etwas unschlüssig und unbefriedigt zurück. Ich war nicht bereit, der wundersamen Träumerei zu folgen.

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