Rezension
„Am Horizont der Sonne“
Von Katharina Remy
Zwischenzeitlich habe ich vier Bände der packenden „Sachmet“-Reihe von Katharina Remy gelesen und schon länger mit diesem Buch geliebäugelt. Nachdem es im Frühjahr 2024 in einer frischen Überarbeitung erschienen war, habe ich es mir im August als E-Book gekauft. Die Formulierung „großformatige Seiten“ ließ mich denken, dass das Buch einfach nur große Buchseiten habe. Anhand des E-Books begriff ich hingegen, dass auch deutlich mehr Text draufsteht, denn ich musste jeweils zwei Seiten mit meiner App lesen, bis der Seitenanzeiger weiterblätterte, wobei ich die kleinste Schriftgröße eingestellt habe. In Prinzip hat das Buch also nicht 384 Seiten, sondern eher 750, wenn es „herkömmlich gedruckt“ wäre, und bietet damit eine Menge Lesestoff.
Zum Inhalt:
Wer kennt ihn nicht, den sagenumwobenen Pharao Tutenchamun, der mit nur 18 Jahren verstarb und dessen Grabstätte über dreitausend Jahre in Vergessenheit lag?
Was aber wäre, wenn ... er damals gar nicht wirklich gestorben wäre, sondern man fälschlicherweise einen Anderen statt seiner begraben hätte? Genau dies erzählt das letzte Drittel des Buchs. Davor erleben wir zunächst, wie Nofretete Echnaton ehelicht und wie sich der Amarna-Kult verbreitet. Wir lernen Taduchipa (die spätere Nofretete) kennen und durchleben mit ihr jene Zeit des Umbruchs und der Herausforderungen sowie ihre persönliche Trauer und den Schmerz des Verlusts. Echnaton wird nicht als glänzender Held gezeichnet, sondern als ein höchst fanatischer und getriebener Mensch, dessen Visionen ihn immer mehr in den Abgrund ziehen, bis sich die Ereignisse am Tag der totalen Sonnenfinsternis zuspitzen und zum unvermeidlichen Fiasko führen.
Die zweite Hälfte des Epos wird von Tutenchamun und seiner Gemahlin Anchesenamun bestimmt, deren Schicksale nun in den Vordergrund treten. Die Haupthandlung ist in eine Rahmenhandlung gebettet, in der ein Junge namens Meriamun auf die Ruinen Amarnas stößt und man ihm dort erzählt, was hier vor einigen Jahrzehnten geschehen ist. Zum Schluss des Buchs klärt sich auf, warum Meriamun überhaupt in Amarna ist und unter welchem Namen man ihn später kennen wird.
Fazit:
Ich bin begeistert und fasziniert, wie die Autorin es geschafft hat, aus den bekannten Fakten diese faszinierende Geschichte zu weben. Die Charaktere sind nicht unnahbar und erhaben, sondern handeln höchst menschlich und impulsiv. Der Unterhaltungscharakter der Erzählung wird mit allerhand historisch belegten Gegebenheiten untermalt, z.B. mit der Dahamunzu-Affäre.
Das Buch umfasst zudem eine Menge Fußnoten und bietet eine Übersicht der historischen Personen sowie ein Glossar der wichtigsten Anreden und Titel. Ab und an hätte ich mir ein umfassenderes Personenregister gewünscht, da ich aufgrund des unerwarteten Buchumfangs eine mehrwöchige Lesepause eingelegt habe und danach teilweise nicht mehr genau wusste, in welchen Kontext welche Nebenfigur gehört. Aber das ist Jammern auf allerhöchstem Niveau. :-)
Dass Sahu-Re und ihre Gefährtinnen, die ich aus den „Sachmet“-Büchern kenne, Gastauftritte haben, hat mir sehr gut gefallen, wobei der „Horizont der Sonne“ ein vollkommen eigenständiges Werk ist.