Cover des Buches Die silberne Königin (ISBN: 9783404208623)
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Rezension zu Die silberne Königin von Katharina Seck

Düster, atmosphärisch und (trotz reichlich Schnee) voller Wärme

von Reni vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein gelungener Mix aus bekannten Märchenelementen und eigenständigen Ideen. Düster, atmosphärisch und (trotz reichlich Schnee) voller Wärme.

Rezension

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Renivor 6 Jahren
Ich muss gestehen, ich mag die kalte Jahreszeit nicht! Egal, ob Herbst oder Winter, es ist zu kalt, zu nass, zu dunkel. Doch etwas Schönes beinhalten die tristen Monate für mich trotzdem jedes Jahr. Denn die Herbst-/Winterzeit ist auch die Zeit, in der ich alljährlich Lust auf Märchen bekomme. Dieser Tage machte „Die silberne Königin“ von Katharina Seck für mich (als ungekürztes Hörbuch) den Anfang. Und ja, es wird Kapitelweise schon verflucht kalt und frostig, dennoch serviert die deutsche SERAPH-Literaturpreisträgerin (in der Kategorie „Bestes Buch“ 2017) ein atmosphärisch und kreativ durchdachtes Fantasy-Märchen, das trotz Kälteschock das Herz erwärmt.

Atmosphärisch wird es direkt auf den ersten (Hörbuch-)Seiten, wenn der personale Erzähler den Leser in die Chocolaterie der Madame Weltfremd mitnimmt. Heimlich erzählt die Pralinenherstellerin dort den Bewohnern der eingeschneiten Talstadt Silberglanz eine sagenhafte Geschichte aus vergangenen Zeiten. Doch ist dies wirklich nur eine erfundene Geschichte oder steckt auch etwas Wahres in ihr? Die 24-jährige Mienenarbeiterin Emma soll es bald herausfinden, als die Madame beginnt, ihr die Geschichte um „Die silberne Königin“ zu erzählen. Kurz darauf ist in Emmas Leben schon nichts mehr wie es zuvor war. Nicht nur die köstlichen Pralinen der Chocolaterie wecken ihren (und des Lesers) Appetit auf mehr, auch der hartherzige König Casper macht neugierig. Sind er und seine Vorfahren etwa schuld daran, dass in Silberglanz seit Jahrzehnten ein nimmermüder Winter regiert?

Über die Handlung soll an dieser Stelle natürlich nicht zu viel verraten werden. Ich denke aber, wer Geschichten wie „Die Schneekönigin“ oder „Märchen aus 1001 Nacht“ mag, dürfte auch an „Die silberne Königin“ gefallen finden. Katharina Seck verbindet in ihrem phantasievollen Märchen Elemente aus bekannten Werken, kreiert zugleich aber eine eigenständige Geschichte, die sich in ihren Grundzügen gewiss erahnen lässt, aber trotzdem noch zu überraschen vermag. Mir gefiel insbesondere der Mix zwischen der eigentlichen und der erzählten Geschichte in der Geschichte. Immerhin gibt diese Emma Rätsel auf und eröffnet ihr zugleich Lösungsansätze in dunklen Stunden.

Emma ist eigentlich eine Heldin wie man sie in vielen Märchenerzählungen findet. Sie hat ein gutmütiges Herz, steht im Leben eher auf der Verliererseite und muss eine mühsame Prüfung bestehen, die ihr ein großes Opfer abverlangt. Katharina Seck nimmt sich zunächst den nötigen Raum, ihre Hauptfigur im alltäglichen Geschehen dem Leser näherzubringen, sodass in den ersten Kapiteln eher unterschwellig Spannung aufkommt, es infolge der beiden Erzählebenen aber dennoch nie uninteressant wird. Mit Betreten der sagenumwogenden Schlossmauern wird es dann umso gefährlicher und atemraubender. Der grausame und arrogant in Szene gesetzte König hat nämlich nichts Gutes im Sinn und verlangt der Heldin einiges an Willensstärke, Beharrlichkeit und Herzensgüte ab.

Am Ende könnte man meinen Emma sei zu gut für ihre Welt. Doch im Sinne einer (und dieser) märchenhaften Erzählung erscheinen ihre Entscheidungen – nicht zuletzt aufgrund der Wendungen und Hintergrundgeschichte – plausibel und nachvollziehbar. Trotz bekannter Märchenelemente und Charaktereigenschaften hat die Autorin eine eisige Winterwelt erschaffen, in der die sich entwickelnden Figuren einem ans Herz wachsen (können) und die Liebe nicht zu einnehmend und klischeehaft beschrieben wird. Weniger ist manchmal mehr. Und das ist Katharina Seck hier in meinen Augen gut gelungen. Die ungekürzte Hörbuchfassung profitiert überdies durch die stimmig vielseitige und atmosphärisch rezitierte Lesung von Sabina Godec, die perfekt zu dem bildreichen wie ausdrucksstarken Schreibstil der Autorin passt. Ich fühlte mich zu jeder Sekunde gut unterhalten und verzaubert.

Kurz gesagt:

Dieses Wintermärchen macht Appetit auf Schokolade und serviert zugleich einen gelungenen Mix aus bekannten Märchenelementen und eigenständigen Ideen. Düster, atmosphärisch und (trotz reichlich Schnee) voller Wärme – vor allem in der Hörbuchversion, vorgelesen von Sabina Godec.
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