Wie kann es sein, dass diese Reihe an BookTok gefühlt vorbeigezogen ist? Warum kennen so wenig Menschen dieses Juwel?
Vorher muss einmal gesagt werden, dass ich mich auf die gesamte Reihe beziehen werde, nicht nur den ersten Band. Es ist schon einige Zeit her, dass ich die Bücher gelesen habe und ich kann nicht glauben, dass sie so unbekannt sind.
Nicht nur, dass die fantastische Grundlage, die an die russische Mythologie angelehnt ist, für mich total neu und spannend war, der Schreibstil der Autorin liest sich flüssig und man kann förmlich sehen, wie sich die Geschichte vor einem entfaltet, egal ob kleine Geister im Ofen, flammende Pferde oder angsteinflößende Bären.
Aber kommen wir mal auf Wasja zu sprechen, den FMC. Mit ihr ist der Autorin ein großartiger, weiblicher Charakter gelungen, der stark ist, ohne Kämpfen zu müssen, der einfühlsam ist, ohne schwach zu wirken und der anders und erfrischend ist, ohne pick-me zu sein. Nicht perfekt, sondern ein Charakter mit Ecken und Kanten, in dem man sich sofort selbst findet.
Über die gesamte Reihe hinweg sieht man Wasjas Sturkopf aufwachsen, immer im Konflikt mit der Kirche und dem Frauenbild, das man ihr überzwängen will.
Klar, wie man jetzt die Beziehung zum uralten Geist findet, der seit ihrer Kindheit von ihr fasziniert ist, darüber kann man streiten, aber letztendlich habe ich auch schon andere 500 Jahre alte Männer in Büchern toleriert und werde jetzt sicherlich nicht hier die Grenze ziehen, besonders da diese Beziehung trotz des Altersunterschiedes noch eine der gesündesten ist, von der ich gelesen habe. Wer hier spice sucht, ist falsch aufgehoben, aber die Geschichte kommt auch wunderbar ohne aus.
Aber auch Charaktere wie der Winterkönig, der Priester und der Fresser sind unglaublich gut ausgearbeitet (nicht immer sympathisch) und tragen zu einem guten Verständnis bei. Besonders der Bär ist da ein tolles Beispiel, wie man ambivalente Charaktere mit Tiefgang schreiben kann, ohne ihnen zu viel Platz zu schenken.
Ein paar Worte zu den einzelnen Büchern. Der erste Band ist sicherlich am langsamsten erzählt, aber schon der zweite nimmt ordentlich an Fahrt auf und der dritte hat mich auf ganzer Länge begeistert. Die Handlungen der Charaktere sind nachvollziehbar und die Welt geheimnisvoll und düster genug, um mich fest im Griff zu halten.
Wer auch immer sich durch den ersten Band von Acotar gequält hat (und das waren sicherlich nicht wenige), der sollte auch diesem Buch die Zeit geben, die es verdient hat. Ich verspreche, es lohnt sich!