Cover des Buches Die Frauen von der Beacon Street (ISBN: 9783442203581)
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Rezension zu Die Frauen von der Beacon Street von Katherine Howe

Damaliger Zeitgeist bedrückend real

von Liebes_Buch vor 10 Jahren

Rezension

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Liebes_Buchvor 10 Jahren
Ich habe mich so sehr auf dieses Buch gefreut! Katherine Howe ist eine Bestseller-Autorin aus den USA und Mitglied einer Autoren-Clique (Springfield Street Table); sie und ihr Mann sind Historiker. Howe hat z. B. an der berühmten Columbia Uni studiert. Meine Erwartungen waren also schon sehr hoch, das muss ich zugeben. "Die Frauen von der Beacon Street" handelt von Sibyl, deren Mutter und Schwester auf der Titanic umkamen, und Benton, einem Uni-Professor. Beide interessieren sich für Übersinnliches. Sibyl sehnt sich nach Kontaktaufnahme mit den verstorbenen Familienmitgliedern und Benton möchte das Jenseits wissenschaftlich erforschen. Während sie die Geheimnisse der Titanic zu ergründen suchen, geraten sie in den Strudel des 1. Weltkriegs. Zudem offenbart sich ein dunkles Geheimnis über den Vater.
Die Vorstellung, einen übersinnlichen Titanic-Roman zu lesen, hat mir grosses Vergnügen bereitet. Leider wurde ich mit dem Schreibstil der Autorin nicht warm. Lange Beschreibungen, wenig Dialog, richtungslose Handlung... erst ab ca Seite 350 kam erstmals Spannung auf. Da muss man als Leser schon einen eisernen Willen haben, das zu lesen und muss Ausdauer zeigen. Auch das Ende entschädigt einen nicht. //Achtung SPOILER- hier nicht weiterlesen, wenn man das Buch lesen möchte: Opium wurde früher sehr sorglos eingesetzt als Hustensaft oder Schmerzmittel, ohne dass die Patienten wussten, dass es abhängig macht. Merkwürdig finde ich jedoch die romantische Idee der Autorin, Opium als Droge darzustellen, die hellsichtig macht. Das philosophische Weltbild, das in diesem Buch gezeichnet wird, geht davon aus, dass manche Menschen ein gutes Schicksal haben mit einem bequemen Leben und andere nur durch ihren Tod ihrem Leben einen Sinn geben können; etwa durch den Tod auf einem Schiff oder durch den Heldentod im Krieg. Besonders der Mythos des Heldentodes hat mich abgestossen. Ich habe nicht erwartet, so einen Quatsch im Jahre 2013 nochmal lesen zu müssen. Ich kann nur vermuten, dass die Autorin das zynisch meinen muss, da die Menschen zur damaligen zeit wirklich so dachten. So bezieht sie sich auf einen realen Brief aus Familienbesitz, in dem ihr Ururonkel sich am 27. September freut, endlich in die Schlacht zu ziehen und am 28. September 1917 von einer Granate zerfetzt wird. Als Leser stehe ich nun also da mit dem kriegsverherrlichenden Gedankengut der damaligen Zeit und einer spirituellen Verklärung desselben. Ich erlebe Freunde und Familie, die sich freuen als der Bruder im Krieg stirbt, weil er so seine Seele veredelt hat. Die Autorin fügt dem nichts hinzu sondern verharrt in dieser Niederung menschlichen Denkens. Hat es einen Sinn, als Autor die Zeit zurückzudrehen und Irrtümer der Vergangenheit wiederzubeleben? Das Buch entlässt mich am Tiefpunkt der Menschheit, dem Spass am Krieg, dem Krieg als Sinngebung- erbaulich ist das nicht. Zumindest meine Laune ist nach dieser Lektüre in den Keller gefallen. Was bleibt, ist der Wunsch nach einem Geister-Titanic-Roman.
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