Rezension zu "Dear Mr Knightley: A Novel" von Katherine Reay
Sam war immer gut in der Schule und erhält nun nach ihrem College-Abschluss die Gelegenheit, ein Stipendium von einem anonymen Gönner zu erhalten, um ihren Abschluss in Journalismus zu machen. Für ein mittelloses Waisenkind nicht schlecht, jedoch sieht sich Sam mit Journalismus in der völlig falschen Ecke, denn ihre Spezailität ist die Literatur. Da sich aber weder ihr Gönner, noch ihr Mentor dazu bereiterklären, das Stipendium zu ändern, muss Sam sich zähneknischend dazu durchringen, die Vereinbarung so zu akzeptieren wie sie ist. Außerdem ist an das Stipendium eine weitere Bedingung geknüpft: Sie muss ihrem Gönner, der sich selbst Mr. Knightley nennt, regelmäßig Briefe über ihre Fortschritte und ihr Leben schreiben. Er beantwortet diese nicht und möchte auch ansonsten anonym bleiben. Während Sam schwer mit ihrem Studium hadert, lernt sie dennoch, sich nicht mehr nur hinter ihren Büchern zu verstecken und beginnt erste Freundschaften und Bekanntschaften zu machen. Darunter auch den gefeierten Bestsellerautor Alex Powell, mit dem sie immer mehr verbindet.
Fast das ganze Buch ist als Briefroman geschrieben und zwar immer nur Sams Briefe, da Mr. Knightley (bis auf zwei kurze Nachrichten) nicht antwortet. Die Briefe werden immer persönlicher und sie gleichen eher Tagebucheinträgen als Berichten, da Sam sie stark dazu nutzt, ihre eigenen Taten, Gedanken und Gefühle zu reflektieren und zu beurteilen. Dadurch erhält ihr Charakter natürlich eine Tiefe, die jedoch alle anderen Figuren gar nicht erreichen können.
Ich mochte es gerne, mit Sam immer mehr zu sich selbst zu finden, auch wenn der Weg oft ziemlich holprig war. Ich mag auch die Art dieses Briefromans, obwohl natürlich viel Zwischenmenschliches verloren geht, weil Sam es ja "nur" in ihren Briefen wiederholt.
Ein Problem hatte ich damit, dass sie sich selbst als integer und loyal betrachtet, weil sie ein gewisses Geheimnis von Alex nicht an Mr. Knightley weitergibt - dafür aber alles andere von allen Personen um sie herum. Deren Gefühlsleben, Probleme und Vergangenheit haben keinen Anspruch auf Integrität und hier ist die Krux: Während ein Roman genau diese Informationen benötigt, haben sie in einem Brief an eine andere Person (die man nicht einmal kennt) nichts zu suchen. Wenn man darüber hinwegsieht, kann dieser Roman den Leser jedoch mitnehmen und hält tiefe Einsichten in menschliches Verhalten bereit. Eine Prise Lovestory ist auch dabei, wobei ich finde, dass der Fokus eher auf Selbstfindung und Ganzwerden liegt.