Liebe Kathinka, dein Debütroman „Finde mich. Jetzt“ verspricht Liebe, Tragik und überraschende Wendungen. Kannst du uns etwas über deine Inspiration erzählen?
Danach werde ich immer gefragt. Und jedes Mal wünschte ich, ich hätte eine spannende Antwort. Aber es ist ein bisschen profan. Ich wollte gerne eine Liebesgeschichte erzählen, in der die typische Rollenverteilung vertauscht ist und die Frau mal dem Mann die Welt erklärt. Und diese Prämisse hat dann den Plot hervorgebracht. Ganz allgemein kommt die Inspiration bei mir durch die Figuren selbst. Aber woher die nun kommen … Irgendwas muss da in meinem Kopf sein, das Figuren produziert, deren Geschichte Konflikte birgt, deren Lösung einen Roman füllt.
Mit welchen Hürden haben deine Figuren Tamsin und Rhys zu kämpfen, mit denen sich die Leser*innen identifizieren können?
Ich hoffe, dass sich meine Leser*innen mit Rhys‘ Hauptproblem nicht identifizieren können. Denn er saß sechs Jahre lang unschuldig im Gefängnis. Deswegen fühlt er sich in der Welt vollkommen fremd. Wobei, das kann man wahrscheinlich auch nachvollziehen, wenn man nicht im Gefängnis war. Er hat große Schwierigkeiten mit dem Tempo des Lebens um ihn herum, mit der Interaktion mit anderen Menschen. Tamsins Hürden sind ein bisschen einfacher nachzuvollziehen, denke ich. Sie wurde betrogen und hat mit ihrem Großvater die wichtigste Bezugsperson verloren. Außerdem kommt sie aus einem Elternhaus, in dem sie nie so sein durfte, wie sie ist. Jetzt fängt sie am anderen Ende des Landes neu an. Sie hat also damit zu kämpfen, dass sie von Männern die Schnauze voll hat, sich von ihren Eltern emanzipieren und sich ganz allein in einer fremden Umgebung und einem neuen Lebensabschnitt zurechtfinden muss.
Du bist selbst ein echter Bücherwurm und Bücher spielen auch in deiner Reihe eine große Rolle. Magst du deinen Leser*innen etwas darüber verraten?
Bücher sind in meinem Leben, seit ich denken kann, präsent. Vielleicht denke ich auch erst, seitdem Bücher in meinem Leben sind – wer weiß schon, in welcher Reihenfolge diese Dinge passieren. Ich lese seit ich fünf bin, und irgendwie hat alles, was ich seither gemacht habe, hierhin geführt. Meine Schulzeit, mein Studium, mein Beruf als Lektorin … Da lag es nahe, dass Bücher auch in meinem Debüt-Roman eine Rolle spielen würden. Für meine Protagonistin Tamsin haben Bücher eine ganz ähnliche Bedeutung wichtig wie für mich: die Möglichkeit, sich an andere Orte zu lesen, obwohl man langweilig daheim sitzt. Wobei man natürlich auch daheim sitzt, um Bücher zu lesen, und das ist dann gar nicht mehr langweilig. Wieder bin ich mir nicht sicher, was zuerst war – die Langeweile oder die Bücher. Aber solange man bei Büchern rauskommt, ist es relativ egal, wie.
Hast du ein Lieblingswort?
Ich mag ulkige Wörter. „Ulkig“ ist zum Beispiel so ein Wort. Antiquierte Wörter, Wörter, die lustig klingen. „Hanebüchen“, „perplex“, Wörter, die einen kurz innehalten lassen, weil sie besonders sind.
Welchen anderen Job würdest du gerne für einen Tag ausüben?
Da gibt es jede Menge! Ich würde gern mal einen Tag als Tierpflegerin arbeiten (bei Säugetieren). Oder als Münchner Busfahrerin. Dann wäre ich den ganzen Tag freundlich zu den Menschen und alle würden sich wundern. Ich wäre gern mal Talkshow-Master, um an den richtigen Stellen die richtigen Fragen zu stellen. Und ich würde ganz allgemein gern mal einen Tag in jedem Beruf meiner Freunde verbringen, um zu wissen, was die den ganzen Tag treiben. Man hat ja immer so eine vage Vorstellung davon, aber so richtig wissen, was die eigentlich machen, tut man nicht.
Welches Buch verschenkst du gerne?
Ihr stellt zu viele Fragen, auf die ihr eine Singular-Antwort erwartet! Das geht so nicht! Denn man kann ja nicht ein und dasselbe Buch an die unterschiedlichsten Menschen verschenken. Es gibt Bücher für Vielleser, für Allesleser, für Wenigleser, für Nichtleser (ja, auch Nichtleser kriegen von mir Bücher. Pech gehabt) … Und dann haben die alle ganz unterschiedliche Interessen. Mit „Vincent“ von Joey Goebel macht man eigentlich nie etwas falsch. „Die geheime Geschichte“ von Donna Tartt ist ein bisschen nischiger, aber absolut großartig. Grundsätzlich schenke ich gerne Bücher, die aktuell bleiben oder es nicht sein müssen. Bücher, die man sich nicht kaufen würde, weil man sie nicht auf Bestsellerlisten findet.
Wohin sollen wir unbedingt einmal reisen und welches Buch soll uns begleiten?
Meine Lektüre passt in den seltensten Fällen zu meinem Reiseziel. Aber ich kann euch auf jeden Fall empfehlen, in die Hochmoore von Yorkshire zu fahren und „Sturmhöhe“ zu lesen. Auf was ich dringend Lust hätte: einen Roadtrip durch die Ukraine zu machen und dabei nochmal „Alles ist erleuchtet“ zu lesen!
Ein Satz über „Finde mich. Jetzt“:
Ihr wollt sicher etwas über den Inhalt, oder? Stattdessen kriegt ihr aber das hier: Es ist mein erstes Buch, das erste Mal, das ich etwas geschrieben habe, und ich wünschte, ich hätte schon viel früher entdeckt, wie großartig das Schreiben ist!
Ein Satz aus „Finde mich. Jetzt“:
„Denn ich bin überzeugt, wenn man lesend einschläft, werden die Träume schöner.“
Kannst du deinen Leser*innen schon einen kleinen Ausblick geben, was uns in den Folgebänden erwartet?
In „Halte mich. Hier“ bekommt man es mit einer Liebe zu tun, die die beiden Protagonisten vollkommen umhaut. Zelda ist eine sehr spannende Figur, finde ich, die sich eigentlich von selbst geschrieben hat. Sie ist eine erstaunliche Mischung aus Extremen. Amy und Sam in „Liebe mich. Für immer“ brauchen ein bisschen länger, bis sie so richtig miteinander funktionieren. Zumindest gilt das für Amy. Denn sie will niemanden in ihr Leben lassen. Es wird auf jeden Fall wieder jede Menge Herzschmerz geben. Und Lustiges. Und starke Frauenfiguren. Und starke Männerfiguren.
Zu guter Letzt: Welche Figur aus einer Buchwelt würdest du gerne treffen? Und was würdet ihr unternehmen?
Aus dem Bauch heraus: Remus Lupin. Und wir würden wahrscheinlich einfach Tee trinken und uns unterhalten. Das gilt auch für alle anderen literarischen Figuren, die ich gerne treffen würde. Wir würden uns einfach unterhalten, denn wann hat man sonst schon mal die Gelegenheit, all die Fragen zu stellen, die man schon immer mal fragen wollte? Bei Heathcliff würde ich allerdings versuchen, ihn vor unserer Unterhaltung mal in den Arm zu nehmen. Ich glaube, das bräuchte er ganz dringend.