Cover des Buches Mädchen in Scherben (ISBN: 9783733504151)
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Rezension zu Mädchen in Scherben von Kathleen Glasgow

Ein Buch, das Mut macht

von Fantasie_und_Träumerei vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Bewegende Geschichte eines Mädchens, dem das Leben übel mitspielt.

Rezension

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Fantasie_und_Träumereivor 6 Jahren
Der Einstieg in "Mädchen in Scherben" ist heftig. Protagonistin Charlotte hat einen Suizidversuch hinter sich und ist deshalb in einer psychiatrischen Klinik. Sie spricht nicht. Ist gekennzeichnet von Narben und Verletzungen. Offensichtlichen, die sie auf der Haut trägt, und jenen, die nicht zu sehen sind, die ihre Seele tief beschädigt haben. Charlotte lebt mit Selbstverletzendem Verhalten. Ihrem Weg dem Schmerz im Inneren zu entkommen.

Der erste Abschnitt des Romans widmet sich Charlottes Aufenthalt in der Klinik. Ich bekomme einige Hintergrundinformationen zu ihrer Vorgeschichte, zu ihren aktuellen Gefühlen, zu ihrem Charakter und ihrer Schwierigkeit mit Mitmenschen in Kontakt zu treten. Alles sehr stimmig. Sehr authentisch. Ich frage mich, ob Glasgow berufliche oder private Erfahrungen mit Selbstverletzendem Verhalten gemacht hat, denn vor allem die Gefühlswelt der Patientinnen wird sehr glaubhaft und realistisch dargestellt. Die Schreibe ist dem Inhalt perfekt angepasst. Vorsichtig, von einer eigenen Poesie, zurückhaltend und verletzlich. Sie trägt dazu bei, dass Charlottes Geschichte so richtig tief unter die Haut geht.

Dann beginnt ein neuer Abschnitt im Buch und damit die einzige, aber doch größere Kritik, die ich an der Geschichte habe. Ich wünschte, die Autorin hätte das ein wenig anders gelöst. Es gibt Alternativen, aber sie hat diesen Weg gewählt und damit leider ein wenig Glaubwürdigkeit verloren.

Der Rest des Romans dreht sich darum wie Charlotte zurück ins Leben findet. Wie sie ums Überleben kämpfen muss, weil sie nur wenig Geld zur Verfügung ist. Sie muss lernen mit Alltagsroutine klarzukommen. Oftmals schwierig für Menschen, die im festen Rahmen einer Einrichtung gelebt haben, die Sicherheit geboten hat.

Vor allem muss Charlotte wieder lernen mit Menschen umzugehen. Herauszufiltern auf wen sie sich verlassen kann und von wem sie sich besser fernhält, weil sie sonst direkt wieder in alte Handlungsmuster verfällt. Sie muss lernen der Dunkelheit zu widerstehen und Hürden zu überwinden, ohne sich zu verletzen. Damit einher geht eine neue Sichtweise auf sich selbst. Eine Verschiebung von Schuldgefühlen und Verantwortung.

Kathleen Glasgow verändert für diesen Abschnitt ihre Schreibe. Wählt eine schnellere, vielleicht auch etwas härtere Sprache. Der Teil des Romans ist nicht weniger dramatisch. Diesmal ist es aber nicht die Sprache, die uns tief treffen soll, sondern die Handlungen der Protagonisten, die verletzen, verstören und gleichzeitig für Hoffnung sorgen.

Ich würde gerne so viel mehr über diesen Teil der Geschichte sagen, aber es gibt darin so viel, dass man selbst entdecken sollte. Zu schnell ist zu viel zum Inhalt verraten. Viele Überraschungen warten dort. Und obwohl dieser Abschnitt so ganz anders ist, als der sehr emotionale erste Teil des Romans, ist er richtig, richtig gut. Die Autorin traut sich was. Entwickelt Figuren, die so gar nicht rund laufen und die mich selbst in Konflikte stürzen.

"Mädchen in Scherben" bekommt trotz dieses dicken Kritikpunkts, den es bei mir verursacht, eine ganz klare Leseempfehlung. Das Buch bietet Identifikationspotential für Mädchen, die in einer ähnlichen Situation sind und zeigt, dass es möglich ist, aus dieser Spirale herauszugelangen. Dass es möglich ist, sich abzugrenzen, und eigene Wege einzuschlagen. Dass manchmal die Menschen Freunde sind, von denen man es nicht vermutet hätte und dass es sich lohnt die eigenen Träume im Blick zu behalten, auch wenn die derzeitige Lage noch so aussichtslos erscheint. Ein Buch, das Mut macht. Modern und ergreifend erzählt.
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