Kathy Page

 4,4 Sterne bei 13 Bewertungen
Autor*in von Alphabet und All unsere Jahre.

Alle Bücher von Kathy Page

Cover des Buches Alphabet (ISBN: 9783803133373)

Alphabet

 (11)
Erschienen am 19.08.2021
Cover des Buches All unsere Jahre (ISBN: 9783803128430)

All unsere Jahre

 (2)
Erschienen am 30.09.2021

Neue Rezensionen zu Kathy Page

Cover des Buches Alphabet (ISBN: 9783803133373)
Buchstabenliebhaberins avatar

Rezension zu "Alphabet" von Kathy Page

Kontrolle und Urvertrauen
Buchstabenliebhaberinvor einem Jahr

Was geht in den Köpfen von Menschen vor, die jemanden getötet haben? Simon flippte aus, als seine Freundin sich seinen Regieanweisungen beim Sex widersetzte. 

Wir erfahren, wie Simon aufwuchs, was ihn zu dem machte, was zu der Tat führte. 

Wir begleiten ihn bei seinem tristen Alltag im Knast. Erst dort lernt er lesen und schreiben, findet immer wieder Bezugspersonen, die ihm versuchen zu helfen. 

Simon ist hochintelligent. Und hochgradig unfähig, soziale Beziehungen auszuhalten und zu führen. Es ist ungemein faszinierend und auch gruselig, wie er sich in seinen Fantasien verliert, wie er sich in seine Sachbearbeiterin verliebt, jedes kleinste Detail registriert und alles tut, um zu gefallen. Eine tickende Zeitbombe, die mit Zurückweisung nicht umzugehen weiß. Ein Mensch, der niemandem vertraut. Ein Mann, dem Frauen suspekt sind, und dennoch den Kontakt sucht. Im Knast hat er nicht viele Möglichkeiten. Er sucht sich Brieffreundinnen. Diesen Austausch zu verfolgen hat Suchtpotenzial.

Er bekommt einen Platz in einem Resozialisierungsprogramm. Trotz seines Widerstands der Therapie gegenüber setzt er sich mit seiner Tat auseinander, öffnet sich ein kleines bisschen, strauchelt, scheitert, muss zurück in den regulären Vollzug. Dort überlebt er nur knapp einen brutalen Übergriff, landet für längere Zeit im Krankenhaus und lernt dort Vic/Charlotte kennen, die transgender ist. Simon freundet sich mit Charlotte an. Seine erste Freundschaft, mit über 30 Jahren.

Kathy Page hat sich intensiv mit dem Thema Haft auseinandergesetzt. Sie arbeitete ein Jahr als "Writer in Residence" in einem britischen Männergefängnis, hier entstand die Idee zu diesem Buch. Ich mag ihre Herangehensweise, ihre Art, einen Blick in die Seele des fiktiven Insassen Simon zu gewähren. Es ist so einfach, Gewalttäter zu verurteilen. Oder sie aufgrund ihrer schlechten Kindheit zu bemitleiden. Aber was heißt es genau, mit fehlendem Urvertrauen zu leben? Simon beobachtet. Er lernt schnell, was von ihm erwartet wird. Das funktioniert, so lange es keine Probleme gibt. Probleme löst er allerdings mit Gewalt, dass hat er nie anders kennen gelernt. Diese Muster zu durchbrechen ist Sinn der Therapie. Ein unglaublich schwieriges Unterfangen.

Ist ein Leben verkorkst, wie bei Simon, ist ein Neustart harte, harte Arbeit. Aber kann es die Lösung sein, einen jungen Mann für den Rest seines Lebens hinter Gitter zu stecken? Page gibt uns keine Lösung an die Hand. Sie beschreibt und überlässt es der Leserschaft, sich Gedanken zu machen.

Meine Leseempfehlung!

Kommentare: 1
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Cover des Buches Alphabet (ISBN: 9783803133373)
SotsiaalneKeskkonds avatar

Rezension zu "Alphabet" von Kathy Page

H wie Hoffnung
SotsiaalneKeskkondvor einem Jahr

Der Mörder Simon Austen sitzt nun schon seit einiger Zeit in einer Strafvollzugsanstalt ein. Hier beginnt er, sein Leben von Grund auf umzukrempeln, lehrt lesen und schreiben und holt den Schulabschluss nach. Mit seinem neuen Wissen tastet sich Simon an die Welt außerhalb des Gefängnisses heran. Er beginnt Brieffreundschaften mit Frauen. Doch durch einen unglücklichen Zufall wird Simon aus seinem bisherigen Gefängnis nach Wentham verlegt. Dort beginnt er eine Therapie, durchbricht den monotonen Gefängnisalltag seiner bisherigen Einrichtung und macht Fortschritten hinsichtlich seines Gewissens zu seiner Tat. 

Dieser Roman ist eindeutig nicht plotgetrieben sondern wächst mit seinem Hauptprotagonisten Stück für Stück mit. Denn Simon Austen, seine Geschichte, seine Empfindungen und seine Wahrnehmungen im britischen Strafvollzug der ausklingenden  80er sind es, die die Geschichte tragen. Die Autorin hat den Protagonisten derart realitätsnahe und vielschichtig gestaltet, dass es einem beim Lesen sehr schwer fällt, nicht sofort mit Neugierde, Empathie und abstandnehmender Befremdung gleichzeitig auf ihn zu reagieren. Denn er ist nicht durch und durch das, was wir als einen guten Menschen bezeichnen würden, und dennoch ein absoluter Sympathieträger, der uns das Leben und Denken nach einem Mord näher bringt. Und das ist es auch, was die Autorin ebenso gekonnt in ihren Roman mit einbaut. So werden ihren eigenen Erfahrungen als "Writer in Residence" im britischen Strafvollzug mit Simon Austen ein Gesicht gegeben, dass für die Unmenschlichkeit des ganzen Systems zu stehen scheint. 

Ein Buch, dass einem wirklich im Gedächtnis bleibt und sowohl mit poetischer Sprache, als auch mit beeindruckender Bildgewalt zum Innehalten animiert. Eine absolute Leseempfehlung. 

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Cover des Buches Alphabet (ISBN: 9783803133373)
ulrikerabes avatar

Rezension zu "Alphabet" von Kathy Page

A wie ambivalent
ulrikerabevor 2 Jahren

Simon Austen verbüßt eine lebenslange Haftstraße für den Mord an seiner Freundin Amanda. Im Gefängnis lernt der junge Mann lesen und schreiben und entwickelt ein enormes Gespür für Worte und Sprache. Er beginnt Brieffreundschaften mit Frauen außerhalb der Gefängnismauern, unter zweifelhaften Angaben seiner eigenen Person und Umstände. Erst die engagierte Therapeutin Bernadette Nightingale verschafft sich aufmerksam Zugang zu Simon. Ihr gegenüber beginnt sich Simon zu öffnen und sich mit seiner Tat auseinanderzusetzen. 

Die britische Schriftstellerin Kathy Page hat sich lange und eindrücklich mit dem Thema Strafvollzug auseinandergesetzt. In den 1990ern war sie ein Jahr lang „Writer in Residence“ in einer Strafvollzugsanstalt in Nottingham. Ihre Erfahrungen aus dem Männergefängnis verarbeitet sie in dem Roman „Alphabet“. 

Auch wenn die Figur des Simon Austen fiktiv ist, gewinnt man den Eindruck einer psychologischen Fallstudie. Insasse AS2356768 – Simon Austen – ist, wie es sich herausstellt, hochintelligent und sprachaffin. Seine Auseinandersetzung mit Worten findet sogar körperlich Niederschlag, in dem er sich abwertende Bezeichnung, die er zu hören bekam, in die Haut tätowiert. Der Alltag im Gefängnis ist stumpf und gefährlich zugleich, physische und sexuelle Gewalt allgegenwärtig. Resozialisierung und Weiterbildung für Häftlinge, insbesondere lebenslang Verurteilte, haben während der Thatcher Regierung keinen Stellenwert. 

Was Kathy Page mit diesem Roman groß herausbringt, ist die Ambivalenz gegenüber ihrem Protagonisten. Simon Austen ist ein Frauenmörder. Von der drogensüchtigen Mutter im Stich gelassen wuchs er bei Pflegefamilien und Heimen auf. Im Gefängnis ist er Übergriffen anderer Häftlinge ausgeliefert. Simon ist dazu charmant, charismatisch und höchst manipulativ. 

Ich muss kein Mitleid mit einem Mörder empfinden, um trotzdem die Haftbedingungen als würdelos zu empfinden. Die Verletzlichkeit und Gefährlichkeit erzeugen abwechselnd Mitgefühl und Abscheu. Kathy Page arbeitet an einem Spektrum der Empfindungen.

Obwohl Alphabet im Original schon 2004 ersterschienen ist, hat das Thema Strafvollzug und Wiedereingliederung in die Gesellschaft nichts an Relevanz verloren.  

 

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