Was geht in den Köpfen von Menschen vor, die jemanden getötet haben? Simon flippte aus, als seine Freundin sich seinen Regieanweisungen beim Sex widersetzte.
Wir erfahren, wie Simon aufwuchs, was ihn zu dem machte, was zu der Tat führte.
Wir begleiten ihn bei seinem tristen Alltag im Knast. Erst dort lernt er lesen und schreiben, findet immer wieder Bezugspersonen, die ihm versuchen zu helfen.
Simon ist hochintelligent. Und hochgradig unfähig, soziale Beziehungen auszuhalten und zu führen. Es ist ungemein faszinierend und auch gruselig, wie er sich in seinen Fantasien verliert, wie er sich in seine Sachbearbeiterin verliebt, jedes kleinste Detail registriert und alles tut, um zu gefallen. Eine tickende Zeitbombe, die mit Zurückweisung nicht umzugehen weiß. Ein Mensch, der niemandem vertraut. Ein Mann, dem Frauen suspekt sind, und dennoch den Kontakt sucht. Im Knast hat er nicht viele Möglichkeiten. Er sucht sich Brieffreundinnen. Diesen Austausch zu verfolgen hat Suchtpotenzial.
Er bekommt einen Platz in einem Resozialisierungsprogramm. Trotz seines Widerstands der Therapie gegenüber setzt er sich mit seiner Tat auseinander, öffnet sich ein kleines bisschen, strauchelt, scheitert, muss zurück in den regulären Vollzug. Dort überlebt er nur knapp einen brutalen Übergriff, landet für längere Zeit im Krankenhaus und lernt dort Vic/Charlotte kennen, die transgender ist. Simon freundet sich mit Charlotte an. Seine erste Freundschaft, mit über 30 Jahren.
Kathy Page hat sich intensiv mit dem Thema Haft auseinandergesetzt. Sie arbeitete ein Jahr als "Writer in Residence" in einem britischen Männergefängnis, hier entstand die Idee zu diesem Buch. Ich mag ihre Herangehensweise, ihre Art, einen Blick in die Seele des fiktiven Insassen Simon zu gewähren. Es ist so einfach, Gewalttäter zu verurteilen. Oder sie aufgrund ihrer schlechten Kindheit zu bemitleiden. Aber was heißt es genau, mit fehlendem Urvertrauen zu leben? Simon beobachtet. Er lernt schnell, was von ihm erwartet wird. Das funktioniert, so lange es keine Probleme gibt. Probleme löst er allerdings mit Gewalt, dass hat er nie anders kennen gelernt. Diese Muster zu durchbrechen ist Sinn der Therapie. Ein unglaublich schwieriges Unterfangen.
Ist ein Leben verkorkst, wie bei Simon, ist ein Neustart harte, harte Arbeit. Aber kann es die Lösung sein, einen jungen Mann für den Rest seines Lebens hinter Gitter zu stecken? Page gibt uns keine Lösung an die Hand. Sie beschreibt und überlässt es der Leserschaft, sich Gedanken zu machen.
Meine Leseempfehlung!