Es sind diese Fragen, die auf jenen Weg führen, den Katja Hübner, Grafikerin in der Musikbranche, beschritten hat. Spontan kontrolliert. Und es sind nicht die falschen Fragen, die dazu führten. Soll man den Bestand an Überflüssigem weiter vergrößern? Wie viel braucht man noch? Weshalb "achtlos Geld ausgeben für Taxifahrten oder das zehnte Paar Schuhe?". Warum immer wieder nur zusehen, wenn da ein Mensch auf einer Wiese herumliegt, wie zurückgelassener Müll? Warum Essen wegwerfen, wenn andere verzweifelt danach suchen?
Marc, der Sohn einer Indonesierin und eines Deutschen, ist 27 Jahre alt. Er lebt auf einer Wiese im Hamburger Schanzenviertel. Seine Wohnung ist eine Parkbank. Bei Wind und Wetter, selbst bei strömendem Regen. Bis auf seine völlig verwahrloste Kleidung besitzt er nichts. Er passt sich nahtlos in das übliche Bild einer Großstadt ein, welches ohne obdachlose Menschen nicht auszukommen scheint. Und doch ist er irgendwie anders ...
Es ist doch tatsächlich so, dass man immer nur vorbeiläuft, und es gibt tausend Gründe dafür. Keine Zeit, keine Lust, Gleichgültigkeit und diese ewige Hetzerei sind nur einige davon. Was soll man auch sagen, die leben doch eh ihr eigenes Ding. Helfen kann man eh nicht und die wollen das doch auch vielleicht gar nicht, oder? Ja und Geld geben geht schon gar nicht. Die versaufen doch eh alles. Wahrscheinlich. Und überhaupt, sollen sich doch andere kümmern.
Katja Hübner ist so eine. Sie hat es getan. Ohne Vorbehalte und einfach so. Wie das kam und wie das, nach einem sprichwörtlichen Hürdenlauf, funktionieren konnte, schreibt sie in "Okay, danke, ciao!" Und sie tut es offen, klar und ohne literarische Füllspachtelmasse. Vorteil: Das versteht wirklich jeder. Da gibt es keine Schnörkel oder gar den Wink mit dem Zaunpfahl, so nach dem Motto "schaut her, wie fürsorglich und sozial ich bin". Auch der erhobene Zeigefinger fehlt gänzlich. Professor Thomas Bock, Leiter der Psychose-Ambulanz am UKE Hamburg, formuliert es auf den Punkt: "In ihrer Schilderung wird das Verrückt-Sein menschlich ...".
Ob dieses außergewöhnliche Büchlein nun eine Welle der Hilfsbereitschaft auslöst, wagt der Rezensent zu bezweifeln. Dennoch bewegt dieser präzise Blick hinter die Kulissen zutiefst. Wahllos reißt es Menschen in den Abgrund, mitunter ohne jedes eigene Verschulden. Wie das sein kann, wissen wir jetzt ... und eigentlich schon lange. Wie im Einzelfall geholfen werden kann, jetzt aber auch!
Wer in einem konkreten Fall helfen möchte, findet im Anhang des Buches, an das Nachwort von Prof. Thomas Bock, sowie einer anschließenden Fachworterklärung, ein Verzeichnis mit Adressen von Einrichtungen und Institutionen.
Wie lange es dauern wird, bis sich die gewohnten Stadtbilder ändern, bleibt abzuwarten. Das Buch ändert erst einmal nichts, sendet aber immerhin eine Menge positiver Signale. Wenn diese ankommen, und vielleicht sogar an den richtigen Stellen, wäre fürs erste sehr viel getan. Veränderungen in diese Richtung brauchen Fundamente, wie diese Geschichte. Mehr kann ein Buch nicht leisten.
Katja Hübner
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Katja Hübner
Okay, danke, ciao!
Neue Rezensionen zu Katja Hübner
Katja Hübner hat das getan was wohl die wenigsten tun würden. Sie hat nicht weggeschaut!
Als sie im Schanzenviertel in Hamburg einen Obdachenlosen entdeckt, der bei Wind und Wetter auf seiner Bank sitzt, spricht sie ihn an. Sie bietet Hilfe an, egal auf welche Art und Weise, sei es etwas zu Essen, Kleidung, Getränke, eine Decke oder einfach nur ein nettes Gespräch und ein paar nette Worte.
Nach und nach wird es zu Katja's täglicher Aufgabe nach Marc, dem Obdachlosen, zu sehen.
Katja bemerkt das Marc nicht einfach nur obdachlos ist sondern auch psychisch Krank ist. Es braucht definitiv Hilfe!
Katja wird richtig unruhig wenn sie Mal nicht nach Marc sehen kann oder er nicht auf seiner Bank zu finden ist. Als dann der Winter vor der Tür steht hat Katja so große Sorge um Marc, dass sie sich an sämtliche öffentliche Stellen wendet wo Marc Hilfe erhalten könnte. Und Katja schafft es! Sie erhält Hilfe und Marc kann in eine psychiatrische Klinik des UKE. Dort wird ihm geholfen mit seiner psychischen Erkrankung umzugehen, er wird wieder auf Tabletten eingestellt und nach 1 1/2 Jahren kann er sogar in ein betreutes Wohnen umziehen!
Marc hat sein Leben nun halbwegs besser im Griff und nimmt auch wieder mehr am Leben Teil.
Ich finde es enorm beeindruckend was Katja für Marc getan hat. Eine aussenstehende Privatpersonen die sich aufopfert um einem hilfsbedürftigen und kranken Obdachenlosen zu helfen! Ohne Scheu aber mit viel Nächstenliebe geht Katja auf Marc zu. Davon sollte es definitiv noch viel viel mehr Menschen geben! ❤️
Ich fand Erzählungen wirklich total interessant, sehr inspirierend und Augen öffnend!!!
Einige tolle Zitate von Thomas Bock aus dem Nachwort, die meiner Meinung nach, alles gut zusammenfassen:
"𝔼𝕤 𝕘𝕖𝕙𝕥 𝕟𝕚𝕔𝕙𝕥 𝕦𝕞 𝔻𝕚𝕒𝕘𝕟𝕠𝕤𝕖𝕟 𝕤𝕠𝕟𝕕𝕖𝕣𝕟 𝕄𝕖𝕟𝕤𝕔𝕙𝕖𝕟. 𝕊𝕪𝕞𝕡𝕥𝕠𝕞𝕖 𝕤𝕚𝕟𝕕 𝕟𝕚𝕔𝕙𝕥 𝕟𝕦𝕣 𝔻𝕖𝕗𝕚𝕫𝕚𝕥𝕖, 𝕤𝕠𝕟𝕕𝕖𝕣𝕟 𝔸𝕦𝕤𝕕𝕣𝕦𝕔𝕜 𝕧𝕠𝕟 ℕ𝕠𝕥. 𝕎𝕚𝕣 𝕞ü𝕤𝕤𝕖𝕟 𝕕𝕚𝕖 𝔾𝕖𝕤𝕔𝕙𝕚𝕔𝕙𝕥𝕖𝕟 𝕖𝕣𝕜𝕖𝕟𝕟𝕖𝕟, 𝕕𝕚𝕖 𝕤𝕚𝕖 𝕖𝕣𝕫ä𝕙𝕝𝕖𝕟....."
"𝔸𝕦𝕔𝕙 𝕨𝕚𝕣 𝕘𝕖𝕤𝕔𝕙ä𝕗𝕥𝕚𝕘𝕖𝕟 𝔾𝕖𝕨𝕠𝕙𝕟𝕙𝕖𝕚𝕥𝕤𝕞𝕖𝕟𝕤𝕔𝕙𝕖𝕟 𝕜ö𝕟𝕟𝕖𝕟 𝕦𝕟𝕤 𝕓𝕖𝕣ü𝕙𝕣𝕖𝕟 𝕝𝕒𝕤𝕤𝕖𝕟. ℕ𝕚𝕖𝕞𝕒𝕟𝕕 𝕜𝕒𝕟𝕟 𝕧𝕖𝕣𝕡𝕗𝕝𝕚𝕔𝕙𝕥𝕖𝕥 𝕨𝕖𝕣𝕕𝕖𝕟 𝕠𝕕𝕖𝕣 𝕞𝕦𝕤𝕤 𝕤𝕚𝕔𝕙 𝕧𝕖𝕣𝕡𝕗𝕝𝕚𝕔𝕙𝕥𝕖𝕥 𝕗ü𝕙𝕝𝕖𝕟, 𝕕𝕒𝕤 𝕘𝕝𝕖𝕚𝕔𝕙𝕖 𝕫𝕦 𝕥𝕦𝕟 𝕨𝕚𝕖 𝕂𝕒𝕥𝕛𝕒 ℍü𝕓𝕟𝕖𝕣. 𝔻𝕒𝕤 𝕨ü𝕣𝕕𝕖 𝕒𝕝𝕝𝕖 𝔹𝕖𝕥𝕖𝕚𝕝𝕚𝕘𝕥𝕖𝕟 ü𝕓𝕖𝕣𝕗𝕠𝕣𝕕𝕖𝕣𝕟. 𝔻𝕠𝕔𝕙 𝕒𝕝𝕝𝕖 𝕜ö𝕟𝕟𝕖𝕟 𝕕𝕒𝕣𝕒𝕦𝕤 𝕝𝕖𝕣𝕟𝕖𝕟: 𝕤𝕔𝕙𝕠𝕟 𝕕𝕖𝕣 𝕖𝕥𝕨𝕒𝕤 𝕒𝕟𝕕𝕖𝕣𝕖 𝔹𝕝𝕚𝕔𝕜, 𝕕𝕚𝕖 𝕨𝕖𝕟𝕚𝕘𝕖 𝕒𝕓𝕗ä𝕝𝕝𝕚𝕘𝕖 𝔾𝕖𝕤𝕥𝕖, 𝕕𝕖𝕣 𝕚𝕟𝕟𝕖𝕣𝕖 𝔹𝕖𝕫𝕦𝕘, 𝕕𝕒𝕤 𝕖𝕚𝕘𝕖𝕟𝕖 𝕓𝕖𝕗𝕣𝕒𝕘𝕖𝕟 𝕞𝕒𝕔𝕙𝕥 𝕦𝕟𝕤 𝕒𝕝𝕝𝕖 𝕝𝕖𝕓𝕖𝕟𝕕𝕚𝕘𝕖𝕣."
"𝕆𝕓 𝕦𝕟𝕕 𝕨𝕚𝕖 𝕨𝕚𝕣 𝕒𝕟𝕕𝕖𝕣𝕖𝕟 𝕄𝕖𝕟𝕤𝕔𝕙𝕖𝕟 𝕓𝕖𝕘𝕖𝕘𝕟𝕖𝕟, 𝕚𝕤𝕥 𝕟𝕚𝕖 𝕧ö𝕝𝕝𝕚𝕘 𝕓𝕖𝕝𝕒𝕟𝕘𝕝𝕠𝕤 - 𝕗ü𝕣 𝕕𝕚𝕖 𝕒𝕟𝕕𝕖𝕣𝕖𝕟 𝕦𝕟𝕕 𝕗ü𝕣 𝕦𝕟𝕤 𝕟𝕚𝕔𝕙𝕥."
"𝔻𝕚𝕖𝕤𝕖𝕤 𝔹𝕦𝕔𝕙 𝕫𝕦 𝕝𝕖𝕤𝕖𝕟 𝕚𝕤𝕥 𝕖𝕚𝕟 𝔾𝕖𝕨𝕚𝕟𝕟 - 𝕗ü𝕣 𝕄𝕚𝕥𝕓ü𝕣𝕘𝕖𝕣, 𝕕𝕚𝕖 𝕞𝕖𝕙𝕣 𝕨𝕒𝕙𝕣𝕟𝕖𝕙𝕞𝕖𝕟 𝕨𝕠𝕝𝕝𝕖𝕟 𝕧𝕠𝕟 𝕕𝕖𝕣 𝕂𝕠𝕞𝕡𝕝𝕖𝕩𝕚𝕥ä𝕥 𝕦𝕟𝕤𝕖𝕣𝕖𝕣 𝕚𝕟𝕟𝕖𝕣𝕖𝕟 𝕎𝕖𝕝𝕥."
Ich vergebe die vollen 🌕🌕🌕🌕🌕 und spreche eine ganz klare Leseempfehlung aus!!!
Mich hat das Buch wirklich sehr bewegt und meine Denkweise stark verändert!
Meinung:
Katja Hübner beschreibt ihre Eindrücke, ihre Sorgen und Gedanken. Sie schildert ihre zum Teil verzweifelten Bemühungen diesem jungen Mann zu helfen, der ihre Hilfe anfangs nur teilweise oder gar nicht annimmt. Dabei bleibt sie erstaunlich nüchtern, verrät nicht zu viel und geht auch nicht zu tief ins Detail. Dennoch oder gerade deshalb fand ich als Leser einen Zugang zu ihrer Hilflosigkeit – allem voran als jemand, der mit diesen Themen nicht so viele Berührungspunkte hat.
Es ist eine persönliche und wahre Geschichte, die dem Leser an vielen Stellen selbst die Wahl lässt, ob er sich tiefgehender mit dem Thema beschäftigen möchte, oder nicht. Es ist die Geschichte einer mutigen Entscheidung, die ein Leben gerettet hat. Und die einen nachdenklich zurücklässt.
So greift „Okay, danke. Ciao!“ vorsichtig kritisch das Thema psychische Erkrankungen, vor allem im Bezug auf wohnungslose Menschen auf. Wie diese von unserem System teilweise „vergessen“ werden. Und wie wichtig eine Konstante und der Halt für diese Menschen ist.
Es ist kein Aufruf, kein bedrohlicher Moralfinger, der sich über den Leser senkt. Es ist die Bitte manchmal im Leben einen Stopp zu machen, genauer hinzuschauen oder auch bewusster in sich selbst zu horchen. Und genau dies funktioniert dank der Schreibweise und der berührenden Geschichte wunderbar.
Fazit:
Katjas und Marcs Geschichte hat mich trotz der Nüchternheit bewegt. Ohne einen moralischen Zeigefinger öffnet sie einem etwas die Augen. Noch mehr als auf die Obdachlosigkeit wird das Augenmerk auf psychisch erkrankte Menschen und ihren Platz in der Gesellschaft gelegt. Teilweise kritisch wird auch das System der Hilfe für diese Menschen hinterfragt. Dennoch ist nichts davon aufdringlich oder anprangernd.
Am Ende wird man trotz allem nachdenklich gestimmt.
Besonders interessant fand ich auch die Worte von Prof. Thomas Bock im Anhang und die einzelnen Stationen und Organisationen, an welche man sich bei Betreffen wenden kann.
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