Das Cover finde ich persönlich nicht so gelungen, es ist zu schlicht und sagt nicht viel aus. Warum ich trotzdem nach dem Buch gegriffen hatte? Der Titel „Nach New York“ mit einem auffallenden Ausrufezeichen klang für mich nach einer Geschichte von Freiheit, Selbstfindung und Erfahrungen. Und um genau so einen Roman handelt es sich auch.
Es geht um die beiden Geschichten von Anna und ihrer Großmutter Johanna. Die Perspektive ist in auch in diese beiden Personen gegliedert. Annas Abschnitte sind in der Ich-Perspektive und Johannas in der dritten Person verfasst. Es gibt keine wirklichen Kapitel, sondern wirklich nur Abschnitte. Das Wechseln zwischen den Protagonisten und der Perspektive funktioniert sehr gut. Es erleichtert kurze Zeit- und Gedankensprünge, so bleibt die Handlung spannend und die unwichtigen Sachen werden ausgeklammert.
Anna will ein Wörterbuch über den deutschsprachigen Ursprung amerikanischer Begriffe erstellen und recherchiert dafür in New York. Ihre Großmutter Johanna drängt sie dazu nach New York zu gehen und leitet alles ein. Sie selbst war in ihrer Jugend mit einem Geliebten dort, was gleichzeitig den zweiten Erzählstrang bietet. Die unterschiedliche Zeit wird gut dargestellt. Der Leser merkt zum Beispiel auch in den Dialogen, wann die Geschichte gerade spielt: Die Redeweise ist verschieden.
Anna macht mitunter skurrile Erfahrungen in der großen Stadt, landet zwischen russischen Emigranten und ist mittendrin dabei. Durch die Gegenwartsform wirkt es noch näher und lebendiger.
Johanna und Anna haben ein enges Verhältnis zueinander, was besonders am Ende deutlicher wird. Die Großmutter bekommt in Annas Abschnitten immer mehr Präsenz, die Verbindung der beiden wird klarer, dagegen wird die Handlung zum Ende hin verworrener und unübersichtlicher. Der „Auflösung“ konnte ich nicht ganz folgen. Zwar klärt sich alles auf, aber ganz schlüssig erschien es mir nicht. Als würden noch ein paar Fakten fehlen.
Der Schreibstil gefiel mir sehr. Er wirkt sehr direkt und klar. Was ich besonders mochte, waren die Wiederholungen von Satzteilen, ein typisches Merkmal der Ausdrucksweise der Autorin, wie zum Beispiel. „Er grinst, als er [...]“ und im nächsten Satz „Ich grinse, als ich [...]“ oder auch „Alles so groß hier, viel größer als dort. Alles so blau hier, viel blauer als dort.“
Fazit: 4/5 Eine Geschichte über Träume und die Suche danach, über die Verbindung zwischen einer jungen Frau und ihrer Großmutter sowie eine Geschichte über das Leben selbst. Und ein Schreibstil mit Wiedererkennungswert.
Lieblingszitate:
„Dass Sie den Schmerz anderer fühlen, heißt nicht, dass Sie ihnen helfen können. Dass Sie zu glauben wissen, was andere von Ihrem Verhalten halten, heißt nicht, dass Sie sich deshalb besser verhalten. Dass Sie wissen, was andere von Ihnen erwarten, heißt nicht, dass Sie deren Erwartungen erfüllen müssen. Manchmal ist es schwieriger und wichtiger, bei sich zu bleiben, als Empathie zu üben."
„Du suchst noch. Das heißt, dass du noch nicht ganz angekommen bist."