Im Klappentext heißt es, Keigo Higashino, der bekannte japanische Großmeister der Spannung, habe sich hier "neu erfunden". Dem kann man nur zustimmen. Dieses Buch ist so gänzlich anders, als die streng logischen Krimis um Inspektor Kaga oder Professor Yukawa. Gleichzeitig greift es einen derzeit in Japan aktuellen Trend auf - den Episodenroman, doch in diesem Fall kunstvoll verflochten in einer Rahmenhandlung mit vielen Überraschungen.
Drei Kleinganoven brechen nachts in ein verlassenes Ladengeschäft ein, um sich zu verstecken. Schon bald merken sie, dass hier merkwürdige Dinge vor sich gehen - der Laden ist Ausgangspunkt für geheimnisvolle Briefe, die aus dem Nichts kommen, und genauso wieder verschwinden. Zuerst aus Übermut, dann aus Überzeugung, beschließen die Drei, sich in dieses ominöse Spiel einzuschalten. Mit unabsehbaren Folgen...!
Man kann das Buch mit gutem Recht auch als Märchen bezeichnen. Denn schon bald sind die Ereignisse nicht mehr logisch erklärbar. Das Vergangene vermischt sich mit der Zukunft, Hoffnung mit Gewissheit, Lebensrückblicke mit Lebenslügen. Die einzelnen Kapitel sind recht lang, was dem Umstand geschuldet ist, dass die jeweiligen "Fälle" (wie in einem Episodenroman eben üblich) deutlich dargestellt werden. Hinzu kommen immer wieder ausgedehnte Dialoge in der Gegenwart unter den drei Ganoven. Und am Ende gibt es diverse große Überraschungen.
Typisch japanisch ist das Buch auch insofern, als es viele aktuelle Themen behandelt. Den ungeheuren Karrieredruck der jungen Menschen zum Beispiel. Aber auch die Verpflichtung den Eltern gegenüber. Die Wirtschaftskrise der 80er Jahre. Fragen von Abstammung, Lebensziel und Bestimmung. Ein wenig schade ist nur, dass das Buch aus dem Englischen, nicht dem Japanischen übersetzt wurde. So wird der Text gleich zweifach verfremdet. Die Sprache gerät dadurch bisweilen sehr flapsig, was einerseits zu den drei Ganoven passt. Aber man wüsste schon gerne, wie es im Original lautet.
Insgesamt hat mich das Buch durch und durch verzaubert, weil es sehr zum Nachdenken anregt. Und auch das eine oder andere Tränchen ist geflossen. Unbedingte Leseempfehlung an alle, die auch "Die Erinnerungsfotografen" oder "Before the coffee gets cold" mochten.