Rezension zu "Das Mädchen mit dem Herz aus Gold" von Kelly Barnhill
„In jeder dieser Geschichten ging es um tapfere Könige, strahlende Königinnen und unfassbar schöne Prinzessinnen. 𝘚𝘰 𝘴𝘰𝘭𝘭𝘵𝘦 𝘦𝘴 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘵𝘭𝘪𝘤𝘩 𝘴𝘦𝘪𝘯, dachte das arme Mädchen. 𝘈𝘣𝘦𝘳 𝘪𝘳𝘨𝘦𝘯𝘥𝘸𝘪𝘦 𝘪𝘴𝘵 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘴 𝘴𝘤𝘩𝘪𝘦𝘧𝘨𝘦𝘭𝘢𝘶𝘧𝘦𝘯. 𝘐𝘤𝘩 𝘩𝘢𝘣𝘦 𝘦𝘴 𝘧𝘢𝘭𝘴𝘤𝘩 𝘨𝘦𝘮𝘢𝘤𝘩𝘵. 𝘈𝘯 𝘮𝘪𝘳 𝘪𝘴𝘵 𝘢𝘭𝘭𝘦𝘴 𝘧𝘢𝘭𝘴𝘤𝘩.“
Violet ist leidenschaftliche Geschichtenerzählerin, eine mutige Abenteurerin und die Prinzessin von Andulanien. Doch nicht schlammbedeckte Stiefel sorgen für Probleme, sondern Violets (fehlende) Schönheit, denn „jeder weiß, dass eine 𝘳𝘪𝘤𝘩𝘵𝘪𝘨𝘦 Prinzessin immer schön ist“. Sie entspricht nicht den Prinzessinnen aus den Büchern: Ihre Zähne glänzen nicht wie Perlen und auch ihre Haare sind nicht seidig. Doch ist es wirklich das, was zählt? Als sie eines Tages auf eine geheime Kammer im Schloss stößt, bietet das dort gefangene Wesen Violet einen Handel an: Schönheit gegen einen klitzekleinen Gefallen…
Interessant ist in meinen Augen, dass uns der Geschichtenerzähler Cassian von Violets Erlebnissen berichtet – und nicht sie selbst. Diese Perspektive unterstreicht die märchenhafte Atmosphäre, ist aber ggf. zunächst gewöhnungsbedürftig. Die Kapitel sind außerdem sehr kurz gehalten, was mir für ein Buch, das sich an jüngere Leser:innen richtet, passend gewählt vorkommt – vor allem, wenn man sich die Geschichte gegenseitig vorliest.
Gut gefallen hat mir, dass Violet ihre neue aus Märchen inspirierte Schönheit nicht nur Vorteile bringt und die Ideale, mit denen sie stets konfrontiert wurde, im Laufe der Geschichte auf verschiedene Weisen kritisch adressiert werden. Ihre Charakterentwicklung habe ich als sehr gelungen und authentisch empfunden. Besonders schön fand ich in diesem Zusammenhang eine Stelle, die das möglicherweise zwischenzeitlich eher negative Bild der Leser:innen von Violet in meinen Augen ohne viel Schnickschnack abmildert: „Klugheit bedeutet nicht, dass man keine Fehler macht oder alles schon vorher weiß. Klug sein bedeutet, dass man dazulernt“.