Cover des Buches Der tiefe Fall der Cecelia Price (ISBN: 9783649619185)
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Rezension zu Der tiefe Fall der Cecelia Price von Kelly Fiore

Wie weit geht Schuld?

von AenHen vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein ansprechendes Jugendbuch, nicht zu dramatisch für die Zielgruppe, aber mit einigem Tiefgang, sprachlich sehr angenehm.

Rezension

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AenHenvor 8 Jahren
Cecelia ist schuldig, zumindest in ihren eigenen Augen. Ihr Bruder ist tot und sie hat ihm aus ihrer Sicht das Werkzeug dazu unmittelbar in die Hand gegeben. Nun wartet sie in einer verhaltenstherapeutischen Einrichtung auf ihre Gerichtsverhandlung, der sie fatalistisch entgegensieht, für sie ist der Ausgang klar. In zwei Erzählsträngen erzählt Cecelia die Ereignisse der letzten Monate und das tagesaktuelle Geschehen. Man erfährt, dass nach dem Krebstod der Mutter vor einigen Jahren nicht immer alles so geradlinig verlief, der neue Lebensentwurf des Vaters scheint nicht aufzugehen. Das in der Kindheit so enge Verhältnis von Cecelia zu ihrem Bruder Cyrus hat immer mehr Risse bekommen. Cecelia fühlt sich benachteiligt gegenüber Cyrus, der mehr Aufmerksamkeit für seine eventuelle Fußballkarriere erhält als sie für ihre Schulleistungen, die nur nebenbei stattfinden. Als Cyrus nach einer Verletzung schnell abdriftet in einen Medikamentenabhängigkeit verschließen Vater und Stiefmutter die Augen davor, Cecelia alleine ist nicht in der Lage zu intervenieren, die ganze Familie ergibt sich mehr oder weniger der Suchtverdrängung. Durch einen Zufall und begünstigt durch die Geldknappheit, die ihre Collegepläne gefährdet, beginnt Cecelia Tabletten aus Cyrus Vorrat zu verkaufen, ihre Tat rechtfertigt sie damit, dass ihr Bruder nun weniger Gift in seinen Körper pumpen kann. Sie lässt sich einwickeln von einem tollen, attraktiven Jungen an ihrer Schule, der aber viel weniger an ihr als an ihrer Medikamentenquelle interessiert ist. Als diese versiegt, da Cyrus nach einem Kollaps einen Entzug macht, ist auch er es, der sie überredet mit gefälschten Unterlagen zu Cyrus dubiosem Arzt zu fahren, der ihm und anderen „Patienten“ die Opiate auf Rezept verordnet hat. Cecelia holt die Drogen wieder ins Haus. Cyrus findet die Drogen, er stirbt. Cecelia fühlt sich schuldig, möchte keine Therapie machen, möchte nicht sprechen – außer vielleicht mit Tucker, der ebenfalls in ihrer Einrichtung untergebracht ist, tablettenabhängig wie ihr Bruder war. Und vielleicht auch mit Trina, der neuen Therapeutin, die Cecelia Notizbuch und Stift in die Hand drückt, um der Sprachlosigkeit neue Wege zu ebnen. Bis zuletzt fühlt Cecelia sich tief schuldig, will, muss, in ihren Augen bestraft werden, aber am Ende ist doch zumindest ein bißchen Licht und Luft bei ihr eingezogen, vielleicht auch erst als Ausblick auf eine mittelferne Zukunft.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, der Aufbau mit den beiden Erzählsträngen hat meiner Meinung nach einiges zur Spannung beigetragen, da die genauen Umstände, der Grad von Cecelias Schuld so erst nach und nach immer weiter enthüllt wurden. Das Ende empfinde ich selbst als offen, wie es mit ihr weitergehen wird, ist nicht per se vorherzusagen. Es ist durchaus möglich, dass das Verhältnis zu ihrem Vater nicht mehr zu 100% geraten wird. Es ist möglich, dass sie wieder in ein Loch fallen wird – und das genaue Gegenteil dessen eben auch, wie schön.
Fazit: ein ansprechendes Jugendbuch, nicht zu dramatisch für die Zielgruppe, aber mit einigem Tiefgang, sprachlich sehr angenehm.
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