Cover des Buches Lied der Weite (ISBN: 9783257070170)
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Rezension zu Lied der Weite von Kent Haruf

Mal etwas Anderes

von CathyCassidy vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Toller Schreibstil, aber große Distanz zu den Charakteren

Rezension

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CathyCassidyvor 6 Jahren
Das Lied der Weite war für mich schon ein einzigartiges Stück Literatur. Es hat mich nicht wirklich überzeugen können, aber trotzdem ist es wohl ein Buch, welches ich in Erinnerung behalten werde.


Der Autor lässt uns die sechs Charaktere über ein knappes Jahr begleiten, aber selbst in diesem langen Zeitraum schafft er es nicht, eine persönliche Bindung zu ihnen entstehen zu lassen. Zumindest hat das bei mir nicht geklappt. Natürlich liegt das vor allem an seiner kühlen, beinahe neutralen Schreibweise. Er verweigert uns den Blick in das Innenleben seiner Figuren, was uns lediglich ihre Handlungen lässt anhand welcher wir abschätzen können was sich grade in ihrem Seelenleben tut. Diese Distanz spiegelt sich im ganzen Roman wieder.


Im Grunde gibt es zwei separate Handlungsstränge, welche sich aber kaum einmal kreuzen. Sie laufen nebeneinander her, was die ein oder andere Parallele aufkommen lässt, aber im Grunde bleibt nur zu spekulieren, warum er uns gerade diese Charaktere zeigt. Sie weisen oft eine ähnliche Grundstimmung auf. Traurigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch diesen Roman, sie taucht in allen Formen und Farben auf, genauso wie die Einsamkeit und das Verlassenwerden. Sie werden einem an den unterschiedlichsten Schicksalen vor Augen geführt.
Da ist die schwangere Victoria, welche von ihrer Mutter verstoßen und von ihrem Freund vernachlässigt wird, wie Vieh behandelt wird, welche kein richtiges Zuhause mehr hat.
Die McPheron-Brüder, welche in ihrem ganzen bisherigen Leben nichts Wirkliches hatten, wofür es sich zu leben lohnte, außer ihrer Farm.
Da ist Tom Guthrie, der sich in seiner Ehe gefangen fühlt und von seiner psychisch kranken Frau erdrückt, welcher seinen Frust im Endeffekt an seinem Schüler auslässt. Der es aber auch verdient hat. Und da sind Guthries Söhne, welche so sehr unter der Krankheit ihrer Mutter leiden, dass sie sich vollkommen in sich selbst zurückgezogen haben.
All diese Schicksale, die so sehr berührend wären, beschreibt der Autor mit der größtmöglichsten Distanz. Sie werden meist einfach skizziert, was mich von mal zu mal störte, da sie für mich oft nicht real wirkten, nicht lebensnah, nicht dreidimensional. Das war für mich nicht ideal, denn damit mich ein Buch wirklich berührt, muss ich in der Lage sein, etwas zu empfinden. Das war hier nicht der Fall.


Trotzdem ist das Buch toll geschrieben, und der Schreibstil ist etwas ganz Besonderes. Einen Blick ist es auf jeden Fall wert.
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