Cover des Buches Verhext (ISBN: 9783608939323)
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Rezension zu Verhext von Kevin Hearne

Verhext - Kevin Hearne

von Hackuchan vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Absolut klasse! Genauso gut wie der erste Teil, wenn nicht sogar besser. Fantasy auf höchstem Niveau.

Rezension

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Hackuchanvor 9 Jahren

Erfrischend an dieser Story ist, dass der Protagonist 2100 Jahre alt ist und sich die Handlung auf nur wenige Tage und eigentlich auch nur eine Stadt beschränkt. Trotzdem holt Kevin Hearne alles aus seinen Figuren raus. Das herausragende an diesem Roman ist das Konzept. Weil wir Menschen an Götter und gottähnliche Wesen glauben existieren sie – Konstruktivismus im feinsten. Und schon eröffnen sich dem Autor unendlich viele Möglichkeiten und diese weiss er auch zu nutzen.

Atticus ist ein keltischer Druide und wurde in der Eisenzeit geboren. Er ist der letzte Druide. So lange überlebt hat er wegen seiner scheinbar grenzenloser Paranoia. Das Schöne an diesem Charakter ist, dass ihm so viele Eigenschaften und Probleme fehlen, die all diese jungen Protagonisten sonst haben: Unsicherheit: Wer bin ich? Was ist mein Platz in der Welt? Naivität. Die erste Liebe, die dann auch gerade unsterblich sein muss. Dreiecksbeziehungen. Und so weiter. Ich sage nicht, dass das langweilig ist. Aber nach wiederholtem Male wird es doch etwas reizlos. Da ist Atticus erfrischend. Er ist jedoch vor Problemen nicht gefeit! Er hat genauso Schwierigkeiten wie alle anderen Protagonisten. Manche Probleme sogar, die er vielleicht nach 2100 Jahren nicht mehr haben sollte. Zum Beispiel lässt er sich sehr gerne von halbnackten Frauen, Göttinnen und seit neustem auch von seiner hübschen Schülerin ablenken. Seine Taktik (an Baseball denken) funktioniert dabei eher schlecht als recht und ist definitiv auch nicht die innovativste Idee.

Sehr schön ist die Balance der Stärken und Schwächen. Atticus gewinnt seine Kämpfe nicht nur durch Glück oder pure Stärke, sondern durch Taktik, Geschick und gutes Einsetzten von Verbündeten. An diesem Punkt ein dickes Lob an den Autor, denn er hat Atticus Kräfte wirklich gut ausbalanciert. Als Druide bezieht er seine Kraft aus der Erde und ist in Berührung mit ihr sehr stark. Einschränkungen gibt es sofort, wenn er sie nicht mehr berühren kann. Hier kommt sein Amulett ins Spiel. Des Weiteren sind alle seine Gegner unterschiedlich verwundbar und er muss so unterschiedlich kalkulieren. So gibt es immer wieder sehr interessante Kämpfe, die deswegen spannend zu lesen sind. Es ist immer interessant, wenn er wieder gegen jemanden kämpfen muss, weil die Balance immer etwas anders ist.

Dabei kommt der Humor nicht zu kurz. Atticus hat sich 2100 Jahre sein inneres Kind bewahrt. Einfach göttlich ist die Passage, als er mit Leif seinem Vampir-Anwalt auf dem Weg zu einem Kampf ist, und sich zweideutige Kommentare über Schwerter nicht verkneifen kann. Auch seine Gespräche mit Oberon, seinem Hund, der auch gerne einen Kommentar in andere Gespräche einstreut. Sein Exkurs zu Fetischismus war wirklich herrlich. Aber dabei sind die Witze nicht plump, sondern bleiben auch in eindeutig zweideutigen Situationen raffiniert.

Ein weiterer guter Punkt ist das Spiel mit seinem Konzept. Alle Götter, an die wir Menschen einst geglaubt haben und heute noch glauben existieren. Eine einfache Prämisse, die innerhalb der Story immer weiter ausgebaut wird. Zum Beispiel gehören zu den verschiedenen Göttersystemen immer auch Schöpfungsgeschichten, sowie Ideen über den Niedergang der Welt. Nur in einem Nebensatz erklärt jemand im Gespräch mit Atticus, dass man trotz dem Beweis, dass Götter existieren, nicht wissen kann, welche Schöpfungsgesichte stimmt. Ein interessanter Aspekt dieses Konzeptes. Schon fast passend in unsere heutige Zeit nimmt Kevin Hearne einen weiteren Faktor mit auf: Atticus trifft auf Fanatiker, die ihm eine Strafe durch Jesus Christus androhen, weil er mit Hexen, Werwölfen und Vampiren verkehrt. Dabei hat Atticus nur wenige Seiten vorher Maria getroffen und von ihr Schutz für einen bevorstehenden Kampf, auch im Namen von Jesus, erhalten.

Ebenso gut sind die Verweise auf andere Autoren, Geschichten und so weiter. Absolut köstlich die Passage, wo Atticus nackt nur mit einem Handtuch bewaffnet gegen zwei Hexen kämpft und dabei einen Verweis auf Douglas Adams nicht missen lässt.

Fazit: Das Buch ist von vorne bis hinten durchdacht und bietet einige sehr gute Ideen. Eine sehr erfrischende Story mit vielen Charakteren mit Ecken und Kanten. Vielleicht schon mein Highlight des Jahres.

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