Cover des Buches Surferboy (ISBN: 9783866482227)
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Rezension zu Surferboy von Kevin McAleer

Ein Surfer, der auszog, das Fürchten zu lernen

von alasca vor 9 Jahren

Rezension

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alascavor 9 Jahren
Der Surfer, der auszog, das Fürchten zu lernen
Steve hat einen Traum: Er will einer der blonden Götter werden, die auf den Covern der Surfermagazine Monsterwellen reiten oder durch furchterregende Wellentunnels gleiten, als wäre das gar nichts. Sein Ziel: „Surfen und reisen. Mädchen flachlegen und haufenweise Kohle einstreichen.“

In seinem autobiografischen Roman „Surferboy“ lässt der Australier Kevin McAleer seinen Ich-Erzähler Steve berichten – von der naiven Begeisterung des Anfängers mit seinen ersten Versuchen, über das allmähliche Meistern des Bretts und den ersten spektakulären Surfmanövern bis hin zu den ganz großen Wellen. Das liest sich flüssig und leicht, mit viel Dialog und Humor, und zunächst war ich durchaus angetan. Aber obwohl McAleer durchaus szenische Beschreibungen liefert, ist dies kein Buch über die Begegnung mit dem übermächtigen Meer und dessen Magie, sondern vor allem über die Umstände, die Szene, in der sich ein Surferleben abspielt.

Und die ist ziemlich hart und ungewöhnlich arm an Sympathieträgern. Coolness ist alles; jeder kämpft für sich allein, Schwächen werden weder gezeigt noch zugegeben, Freundschaften bereitwillig für einen besseren Platz im Line-up verraten. Das alles bekommen wir mit einem Maximum an Szenevokabular serviert; gut, dass es hinten ein kleines Glossar gibt. Der Jargon macht auch durchaus Spaß, etwa wenn vom „chronowellarischen“ Surferkalender gesprochen wird, nach dem der Sommer dann anfängt, „wenn die erste Süddünung durchkam.“ Allerdings habe ich es bald aufgegeben, nachzuschlagen, denn es macht die eigentliche Story nicht interessanter.

Letztlich muss es der Held sein, von dem die Faszination ausgeht. Nun ist Steve nicht gerade meine Art von Lieblingsheld. Wenn er nicht surft, liest er Surfermagazine, sieht Surferfilme und diskutiert leidenschaftlich die Qualitäten der angesagten Surf Cracks mit seinem Freund Jim. Sein Frauenbild ist ziemlich traurig; Sex hätte er schon gerne, aber ansonsten sind Mädchen für ihn nur eine Störung beim Surfen; man könnte ihm also durchaus ein arg simples Innenleben vorwerfen. Aber auch völlig autistische Monomanen können interessant sein – warum war ich also am Ende so unzufrieden mit diesem Buch, von dem (Kem Nunn & Co. lassen grüßen) ich mir so viel versprochen hatte?

Vielleicht hat es daran gelegen, dass es in „Surferboy“ gar nicht um die wahre Hingabe der echten Wellenjunkies geht. Die treten zwar auf, dienen aber – siehe oben – eher als schlechtes Beispiel. Stattdessen haben wir einen Helden, der sich eine Zeitlang von der alles verschlingenden Passion umarmen läßt, Angst bekommt vor den ganz großen Wellen und vor den Folgen des nomadischen Surferdaseins und – ohne größeren inneren Konflikt – schleunigst wieder vernünftig wird.

Das ist zwar verständlich, aber: Vielen Dank, vernünftig bin ich selber. Von der Leidenschaft will ich lesen, oder zumindest vom Konflikt zwischen Leidenschaft und Vernunft. Steves bürgerliche Art von Happy End fand ich irgendwie enttäuschend.
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