Da saß ich gemütlich mit der fünften Tasse Kaffee an meinem Laptop und ließ meine Augen durchs Netz streunen, als ich auf die Geschichte einer Kaffeehausbesitzerin stoße, die mich sofort anrührt.
Nach der Kündigung ihrer Arbeitsstelle und dem fast zeitgleichen Tod des Großvaters scheint Tinka Brauns Welt zusammenzubrechen. Der kauzige Opa war vermutlich der einzige, der ihre Bücherliebe und Verrücktheiten verstand. Er hinterlässt Tinka ein Kaffeehaus in Lachen am Zürichsee. Aus Verbundenheit mit ihm fängt sie an, das CAFÉ VINTAGE & CAKE einzurichten, und baut eine ganz besondere Beziehung zu ihren Kunden auf. „Kafi-extra“ ist das Codewort, mit dem die Kaffeeliebhaber ihre eigenen Geschichten erzählen können und einen ganz besonderen Service erhalten: Die Handlung wird „umgeschrieben“ und endet plötzlich ganz anders. Veröffentlicht als 13 1/4 Blogeinträge, die fantastisch fremdgefabelt sind, und vielen ihrer Kunden helfen, aus ihrer eigenen, verklemmten Schublade herauszukommen.
Die Sprache der einzelnen Episoden ist so unterschiedlich treffend wie die fabulierten Szenen selbst. Genial. Voller Lebensweisheit und Witz, aber fein säuberlich in Blog-Einträge und eine Rahmenhandlung gepackt. Es beginnt wie eine der überzogenen modernen Unterhaltungsromane mit Frauenheldin, wird kriminell mörderisch, philosophisch künstlerisch und wunderschön romantisch, aber zuletzt auch sehr ernst. Fast alles nur fremdgefabelt, aber das fabelhaft!
Und damit noch nicht genug. Auch das Ende bietet eine Überraschung und lässt die ganze Geschichte noch mal als Leserätsel in einem ganz anderen Licht erscheinen. Ernst und tiefgründig.
Amüsiert haben mich als Fremdlesenden zudem die kleinen schweizer Einstreusel wie „urchig“, „innert“ und „anhin“, aber das war nur Nebenspaß. Tatsächlich liest man(n) – zumindest das rezensierende Exemplar – das 234 Seiten-Werk nicht am Stück. Wäre zu schade. Die einzelnen Kapitel wollen nachwirken. Aber mehr als 3 Tage hat es die Neugier dann doch nicht ausgehalten.
In diesem wunderbaren Buch blitzt viel mehr Fantasie auf als in den meisten Fantasy-Romanen. Und das will schon was heißen.
Auf meinem Blog findet ihr eine kleine Hommage an dieses Buch - das Ende wird ganz im Sinne des Kafi-extra umgefabelt. Viel Spaß.