Cover des Buches Wolfsspur (ISBN: 9783453527270)
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Rezension zu Wolfsspur von Kit Whitfield

Genre-Hopping: Zwischen Werwölfen und Verschwörungstheoretikern

von TamiraS vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein Buch, das sich nicht entscheiden kann, welchem Genre-Faden es folgen will - einerseits spannend, einerseits etwas enttäuschend

Rezension

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TamiraSvor 7 Jahren

Gerade im Bereich der Phantastik stöbere ich gern in den Listen der nominierten Autoren für den World Fantasy Award, dem Nebula- oder dem Hugo-Award, um neue und, hoffentlich, tolle Autoren zu entdecken. Ich weiß nicht mehr genau, von welchem Roman ich gelesen habe, doch für irgendeinen Award war Kit Whitfield nominiert. Und Wolfsspur klang wie ein Buch, das außerhalb jeglicher Klischees spielt - was mich sehr angesprochen hat.


In der Geschichte begleiten wir die Icherzählerin Lola. Sie ist Anwältin in der Organisation Asüla und, wie der Großteil der Bevölkerung sie und ihre Leidensgenossen nennen, eine "Glatthaut". Denn Lola ist ein Mensch in einer Welt, in der mehr als 95% der Weltbevölkerung Werwölfe sind. Diese Werwölfe, oder Luneure, wie sie genannt werden, verwandeln sich - eigentlich ganz klassisch - einmal monatlich in ein wolfähnliches Wesen. Damit sie während dieser Zeit nicht die Städte in Schutt und Asche legen, sind die normalen Menschen dafür verantwortlich, in den Vollmondnächten für Ordnung zu sorgen und Streuner einzusammeln, die sich, entgegen dem geltenden Gesetz, nachts außerhalb eines Schutzraums befinden.
Die Asüla ist eine Organisation, die alle normalen Menschen der Welt beschäftigt. Und sobald die Luneure in Wolfsform Gewalt gegenüber diesen Menschen tun, werden sie - ganz außerhalb des sonstigen Gesetzes - von der Asüla angeklagt und auch verteidigt.
Lola erhält das Mandat für die Verteidigung eines Mannes, der dafür verantwortlich ist, dass ein guter Freund eine Hand während einer Vollmondnacht verloren hat. Als wenig darauf ihr Freund ermordet - oder wie sie glaubt, "aus dem Weg geschafft" wird - kommen die Steine ins Rollen und Lola auf die Spur von einer Verschwörung ...


Die Geschichte spielt in einer Alternativwelt - die Autorin nimmt unsere Welt, unsere Geschichte und Vergangenheit und stellt die Frage: Was wäre, wenn es mehr Werwölfe als Menschen auf der Welt gäbe? Einen großen Teil der Geschichte nimmt die Rassendiskriminierung ein, die in einer solchen Form mal ganz anders aussieht. (True Blood hat ein ähnliches Szenario, nur da dort die Vampire weniger sind als die Menschen, läuft es eher anders herum ...)


Kommen wir nun zu meiner Meinung.


Die Geschichte hat mir gefallen, das kann ich ganz klar sagen. Ich war aber der ersten Seite sehr auf das Szenario gespannt und fand es auch - größtenteils - gut, was die Autorin daraus gemacht hat. Allerdings hätte ich mir hier ein wenig mehr außergewöhnliches gewünscht. Ein wenig mehr Werwölfe. Ein wenig mehr Fantasy.
Die Geschichte folgt jedoch weniger diesem Aspekt, als den Fragen der Diskriminierung, Ethik und landet dann eher im Fahrwasser eines politischen Kriminalromans, als im Phantastikbereich zu bleiben. Denn außer der Tatsache, dass es Werwölfe sind, gibt es nicht viel Unterschiede zu unserer Welt. Trotzdem: Die Handlung ist spannend, wenn auch nicht nervenaufreibend und der Twist ist nichts, was einen aus den Schuhen wirft. Schlecht ist es aber keineswegs.


Die meisten der Kritiker haben wohl das größte Problem mit der Protagonistin Lola. Sie ist launisch, dünnhäutig und pessimistisch. Ich verstehe, dass viele sie nicht mögen. In der Realität hätte sie es auch nicht leicht.
Ich dagegen fand sie als Protagonistin toll - denn sie war sehr authentisch und das sieht man so selten bei Fantasy-Romanen. Die Autorin lässt Lola zum Leben erwachen, denn entgegen unzähliger anderer Fantasy-Romane, in denen die Protagonistinnen heiße, Pflokschwingende Vampirjägerinnen sind, hat Lola einen riesigen Stein an ihrem Bein festgebunden, der ihr in Form der Organisation Asüla, sowie ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit, alles sehr schwer macht. Auch als sie sich verliebt, ist sie oft beleidigend und sehr unfair zu ihrem Freund. Das alles macht sie nicht sehr sympathisch. Andererseits jedoch ist sie stark und clever und scheut sich nicht davor, auch einmal das Gesetz nicht allzu ernst zu nehmen.


Alles in allem hat mich das Buch gut unterhalten. Ich fühlte mich mit Lola verbunden (auch ich bin dünnhäutig und kann jedes Wort auf die Goldwaage legen), mochte es allerdings nicht so gern, welchen Verlauf die Handlung nahm. Ich hätte mir ein wenig mehr Drama und Fantasy erwartet.
Allerdings ist das Buch sehr speziell und hat es sicher schwer, Leser von sich zu überzeugen, da es viele Genres streift, ohne sich wirklich einem zugehörig zu fühlen.

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