"Hier zu wohnen erschien mir als das denkbar vollständigste Wegsein. Auf Inseln, die Unmengen von Wasser um sich und Unmengen von Himmel über sich versammeln."
Seit zwei Jahren lebt der Deutsche Philipp auf den Färöer-Inseln nördlich von Schottland. Er wohnt mit seiner Partnerin Johanna und deren Tochter Rannvá zusammen, bleibt aber im Grunde eigenbrödlerisch. Es wird oft angedeutet, dass er sich von Johanna immer mehr entfernt, jedoch mit Rannvá eine gute Beziehung pflegt. Als die beiden die Großmutter in Dänemark besuchen, bleibt Philipp allein mit sich, dem Haus und der Natur zurück.
Der Klappentext verspricht Folgendes: "Er beginnt eine Wanderung über die Inseln, die ihn immer tiefer in die Natur führt. Wird er erst im Weggehen zu sich kommen? Wird er erst im Verschwinden seinen Ort finden?" Doch es passiert - nichts. Philipp wandert weder über die Insel, noch geht er weg, noch verschwindet er. Eigentlich besteht das Buch aus zusammenhanglosen Sequenzen, die meistens irgendwo in der Stadt, im Haus oder höchstens noch auf einer Landstraße spielen, und immer instensive, detaillierte Naturbeobachtungen zum Gegenstand haben. Diese Beobachtungen sind zunächst faszinierend, haben mich sogar berührt in ihrer Tiefe, verlieren sich aber gerade gegen Ende in Wiederholungen und Belanglosigkeit.
Die gesamte Geschichte dreht sich um Philipps Alleinsein, sein Leben mit der Einsamkeit auf den atmosphärischen Inseln - trotz seines Zusammenlebens mit Johanna und Rannvá. Dieses kann der Leser im Grunde nicht miterleben, da die beiden schon zu Beginn ihre Reise antreten. Dennoch wird klar, dass sich Johanna und Philipp entfremdet haben, dass vielleicht sogar schon ein anderer Mann da ist. Außerdem wird Philipps tiefe Bindung zu Rannvá angedeutet, seine Kindheit in P., das Verschwinden seines Kindheitsfreundes Simon, seine Verliebtheit in eine Arbeitskollegin. Mit schemenhaften Umrissen muss sich der Leser hier begnügen, im Grunde bleibt alles weit entfernt und uninteressant. Das Buch lebt von seiner Atmosphäre und seinen Einblicken in das Inselleben, nicht von seinen Figuren oder einer tatsächlichen Geschichte. Für mich ist "Der Atem der Vögel" daher kaum als Roman, sondern viel mehr als Essay zu bezeichnen.
"Der Atem der Vögel" ist ein kurzes Stück Literatur, das insbesondere durch seine Naturbeschreibungen punkten kann. Geschichte und Charaktere bleiben auf der Strecke, der Leser muss sich mit vagen Andeutungen begnügen. Das Ende verliert sich in Wiederholungen, Aneinanderreihungen und Belanglosigkeiten, weshalb die Frage bleibt: Wozu? 3 von 5 Sternchen gebe ich für die sprachliche Ausgestaltung und die Detailverliebtheit.
Klaus Böldl
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Klaus Böldl
Der Atem der Vögel
Die fernen Inseln
Der nächtliche Lehrer
Südlich von Abisko
Studie in Kristallbildung
Isländersagas 1
Götter und Mythen des Nordens
Die Isländersagas in 4 Bänden mit einem Begleitband
Neue Rezensionen zu Klaus Böldl
Philipp lebt auf einer der Färöer-Inseln mit seiner Lebensgefährtin Johanna und deren Tochter Rannvá. Man erfährt nicht viel über ihn, nur dass sein Verhältnis zu Johanna etwas zwiespältig ist und er sogar befürchtet, dass sie ihn mit ihrem Kollegen vom Krankenhaus in dem sie arbeitet, betrügt.
Wenn dieses Büchlein nicht so kurz gewesen wäre, hätte ich es nicht zu Ende gelesen. Die "Handlung" beschränkt sich im Wesentlichen auf die Beobachtungen der Natur und Szenen des alltäglichen Lebens auf einer Färöer Insel, die Philipp auf seinen Spaziergängen macht. Ein wenig Farbe bekommen seine Erzählungen nur durch die liebevolle und innige Beziehung, die er zu Rannvá, der Tochter seiner Partnerin Johanna hat. Auch wenn der Schreibstil mit poetischen Wendungen und außergewöhnlichen Wortschöpfungen, wie "das kaltböse Herüberspähen" aufwartet, reicht das nicht aus, um die fehlende Handlung unterhaltsamer zu gestalten. Es passiert nichts von Bedeutung und sogar als eine Frau tot aufgefunden wird, die Philipp vorher noch gesehen hat, versandet diese Tatsache in der Flut seiner sonstigen, etwas sprunghaften Beschreibungen.
Für meinen Geschmack war das leider zu dürftig und sinnlos...
Rezension zu "Der Atem der Vögel" von Klaus Böldl
Auf einer dünn besiedelten Färöer Insel lebt Philipp gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Johanna zusammen. Während sie als Krankenhausärztin viel Zeit an ihrem Arbeitsplatz verbringt, unternimmt er lange Spaziergänge in die menschenverlassene Natur... .
Klaus Böldl hat hier einen besonderen Roman mit einer sehr reduzierten Handlung geschrieben, die sich fast ausschließlich auf die Figur Philipp und dessen Wanderungen konzentriert. Er und seine Beobachtungen stehen im Mittelpunkt der Geschichte, während man sonst kaum und wenn überhaupt, nur beiläufig etwas über ihn erfährt. So muss man sich vieles selbst erschließen und kann dadurch eigene Schlüsse ziehen.
Für mich ist Philip die ganze Zeit über eine blasse und unnahbare Figur geblieben. Seine Gedankengänge waren mir oft etwas zu wirr und nur wenige Punkte konnte ich nachvollziehen. Johanna, über die ich gerne mehr erfahren hätte, scheint für ihn nur eine Last zu sein, die ihn bedrängt.
Der Schreibstil von Klaus Böldl ist anspruchsvoll und hat mir gut gefallen. Da leider nur eine Figur im Fokus steht, ist das Buch etwas eintönig und stellenweise zäh und langweilig. Die Beschreibungen der Natur haben es mir allerdings angetan und haben aus meiner Sicht den Roman gerettet.
Insgesamt erhält man mit ,,Der Atem der Vögel" ein Buch, welches sich fast ausschließlich auf den Protagonisten Philipp konzentriert und dadurch nur einseitig gestaltet ist. Letztendlich konnte es mich nicht ganz überzeugen.
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Zusätzliche Informationen
Klaus Böldl wurde am 21. Februar 1964 in Passau (Deutschland) geboren.
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