Rezension zu "Das Fanal des Ego auf den Stufen zur Kirche" von Beile Ratut
Zum Buch:
Quelle: Verlag / vlb
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Klaus Berger war ev. Theologe für das Fach Neues Testament und hat im Lauf seiner Schaffenszeit durchaus das ein oder andere Buch und die ein oder andere These zum vertiefenden wissenschaftlichen Diskurs eingebracht. Seine „Bibelkunde“ war lange Zeit Standardwerk, seine Betrachtungen des biblischen Textes als „vertrauenswürdiger, als es gemeinhin angenommen wird“, war eine der Grundlagen seiner Forschungen, die auch in diesem neuen Buch eine wichtige Rolle spielt.
Zudem hat Berger, gerade in den älteren Lebensjahren, durchaus zu provozieren verstanden. Allein schon seine Behauptung, eigentlich und offiziell immer katholisch gewesen zu sein sorgte für einen mittleren internen Skandal.
Nun also wendet sich Berger, wieder einmal, der Zunft der Exegese zu, der wissenschaftlichen Auslegung biblischer Texte und lässt im Kern wenig gute Haare an seinen ehemaligen Kollegen.
Bei allen interessanten und durchaus fundiert vorgetragenen Gedanken im Buch, bei allem Kreuzzug für einen „recht verstandenen Jesus“, zu Beginn ist ein Problem zu benennen, unter dem nicht nur dieses, sondern viele Veröffentlichungen zum Thema stehen. Mit Albert Schweitzers Doktorarbeit gilt gemeinhin, das die „Leben Jesu Forschung“ insofern abgeschlossen ist, dass deutlich ist, das „nichts Genaues“ zum historischen Jesus gesagt werden kann. Wer er war, was er genau wollte, wie er auftrat, wo er auftrat, die Quellenlage gibt historische Quellenlage gibt klare Antworten einfach nicht her.
So verbleibt im Blick auf Jesus allein die „Glaubenszeugnisse“ der Evangelien und Briefe des neuen Testamentes. In sich bereits interpretierte, mit Intentionen verfasste „Literatur“, die nicht von äußeren Quellen gestützt oder bestätigt oder hinterfragt werden kann. Somit ist alle Aussage über Jesus, bis heute, immer auch eine persönliche „Glaubensaussage“ (was man auch in Bergers Buch übrigens ablesen kann).
Irgendein: „Ich weiß, wie es wirklich war“, ist letztendlich nicht belegbar, Hier muss der Leser somit bei allen Werken innerlich Abstriche zufügen. Auch bei Bergers hier vorliegender, herber Kritik an der „liberalen Theologie“, der liberalen Exegese und der allgemein „liberalen und positivistischen Verkündigung“, die den Glauben und die Person Jesus „zum Schleuderpreis“ unters Volk bringen.
Mit entsprechenden Vorbehalten der „absoluten Wahrheit“ gegenüber aber muss der Leser Berger durchaus zugestehen, dass er in sich geschlossen argumentiert, bedenkenswerte Argumente anführt, die nicht einfach weg zu wischen sind und, vor allem, einen „Zustand“ des Glaubens der nicht nur in den Augen Bergers „verwässert“ verkündet wird luzide beschreibt. Nicht überall vermag der Leser dann im klein, klein zu folgen, „Christi Höllenfahrt“ gegen die Interpretation der „klassischen Exegese“, Jesus hätte nicht „im Reich der Toten gepredigt“ wirkt kleinkariert und lenkt ab von den großen Linien, die Berger verfolgt. Nicht nur an dieser Stelle, ein um das andere Mal steht auch der Eindruck eines „Euch zeige ich es“ im Raum und das mit vielfachen Einzelheiten, die das Lesen ab und an ermüden. Und den Verdacht aufkommen lassen, dass auch Berger seine „neue katholische“ Überzeugung nun anhand des biblischen Textes zu begründen denkt, auch bei ihm also „Zuerst das Dogma und dann die Exegese“ kommen könnte.
Festzuhalten aber bleibt, dass „Querdenken“, Ernstnehmen der urchristlichen Glaubenshaltungen und ein Blick aus Jesus aus diesen alten Texten heraus statt auf auch modernen Lebenshaltungen und Philosophien sich immer wieder zu begründen und sich die Bibel „passend zu predigen“, wichtige Vorgänge zu allen Zeiten sind, ebenso, wie zu allen Zeiten auch die Wissenschaft sich einrichtet und „bequem und ignorant“ zu werden droht, was Berger ebenso intensiv bemängelt, wie das durchgehend falsch-verharmlosende Verständnis Jesu. In seiner eigenen, provokanten, teils polemischen Haltung allerdings steht Berger einer solchen Haltung nur in wenig zurück und macht sich selbst wiederum allein vom Duktus des Buches her schon angreifbar. Und das alles auf der Basis eines klaren „Nichts (historisch) Genaues kann man wissen“. Mehr als „einsichtige Schlussfolgerungen“ und seine persönliche Meinung („alles Quatsch“) hat auch Berger nicht unbedingt vorzulegen.
Provokativ, in den Kernthesen durchaus fundiert, in Teilen engstirnig, stur und eigensinnig bietet das Buch auf jeden Fall eine lebhafte Lektüre und eine ebenso lebhafte Möglichkeit der Auseinandersetzung.
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