Rezension zu "Symphonie Pathétique" von Klaus Mann
Immer wieder steht Tschaikowsky in seinem Leben vor Situationen, in denen er verschreckt und hilflos am Liebsten nur flüchten möchte. Wo er auch ist, meint er am falschen Platze zu sein. Mit wem er auch Umgang hat, es scheinen ihm kaum Vertraute darunter. Schon eine fremde Berührung verunsichert ihn, macht ihn krank. Er wünscht sich nach Hause, in seine Musik, in der er allein seine Qualen und Plagen vergessen kann. Nie kommt er im Leben an, nur seine Musik vermag ihn kurzfristig zu retten, aber selbst da bleibt er selbst sein größter Kritiker, geplagt von Selbstzweifeln und Unsicherheiten.
Klaus Mann zeigt uns von Tschaikowsky das Bild des schmerzhaft sensiblen Künstlers, der doppelt verunsichert und geängstigt ist. Tief verwurzelt in seiner Heimat, erfüllt von der sogenannten russischen Seele, ist jede Reise in die Fremde eine Last und enorme Einschüchterung. Noch mehr ist er gefangen in seiner sexuellen Ausrichtung, die er nicht offen ausleben darf. Nur in Russland und in der Musik ist er zu Hause. Seine Kompositionen sind Spiegel der Heimatverbundenheit, aber auch der seelischen Gefangenschaft.
Klaus Mann gelingt es den schwierig erscheinenden, von beständigen Selbstzweifeln und Misstrauen geplagten Menschen aus einem anderen weicheren und liebevolleren Blickwinkel zu betrachten, ihn dem Leser näher zu bringen. Mit viel Feingefühl macht Klaus Mann die Homosexualität Tschaikowskys zum zentralen Problem des Romans macht, ohne sie auszustellen. Dies gelingt ihm sicherlich weil das Thema auch sein eigenes war. Gleichzeitig verliert er sich anfangs ein wenig in seinen eigenen Beschreibungen und übertreibt es zum Ende hin und zieht das Leid unnötig für den heutigen Leser in die Länge. Zur Zeit der Entstehung des Buches, dürfte dies dem Ringen um Verständnis geschuldet sein.
Mein Fazit: Definitiv lesenswert. Wenn auch stark ausgerichtet an der Prägung des Autors, gibt das Buch dem geneigten Leser tiefe Einblicke in das Seelenleben des Protagonisten aber auch des Autors. Und letztlich animiert das Buch, der Musik des großen Künstlers Tschaikowsky mit dem Wissen um seine seelische Zerrissenheit neu zuzuhören.