Rezension zu "Das Gesicht des Anderen" von Kobo Abe
Bei einem Arbeitsunfall wird das Gesicht des fiktiven Wissenschaftlers entstellt. Er konstruiert eine zweite Haut, die seiner echten derart gleicht, dass er sie seither als Maske trägt, wenn er sich innerhalb der Gesellschaft bewegt. Das Buch handelt von dem Schaffensprozess der Maske sowie von ihrer Wirkung auf die Gesellschaft: Tragen wir nicht alle eine Maske, und was steckt dahinter? Je länger der Wissenschaftler die Maske trägt, desto mehr entfremdet er sich von der Gesellschaft und seiner Frau, trotz seiner impulsiven Versuche der Integration. Auf sterile, nüchterne und psychoanalytische Weise wird hier die Erscheinung des Menschen, sein Handeln und sein Wirken auf die Gesellschaft beschrieben, deren Mitglieder im ständigen Versuch sind, ihr Gesicht zu wahren oder zu verstecken und mit ihren diversen Identitäten zurechtzukommen. Kobo Abe war seinerzeit als der japanische Kafka bekannt. „Das Gesicht des Anderen“ erschien im Jahre 1964, es ist aber, meiner Meinung nach, immer noch modern und passt sehr gut in unsere heutige Zeit, zum Beispiel im Hinblick auf Tätowierungen und Schönheits-OPs, die in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.