In Erwartung des Todes und belehrt von einer Sterbekunst steigt der Erzähler für ein letztes Bekenntnis in die Bütt. Er holt aus und schlägt einen Bogen. Er bemüht sich um ein persönliches Verhältnis zum Leser.
Er debütiert als Erzähler seines Lebens. Wie alle Anfänger holzt er. Die Statik seiner Existenz hängt ab von Berechnungen auf der Grundlage einer ausgebauten, in seiner Ursprungsumgebung institutionalisierten Selbstsucht und der evangelischen Theologie. Gottes Liebe erschöpft sich in der Annahme seiner Person. Mit dieser Rechnung stimmt etwas nicht, der Erzähler hält sich in Schieflage und lässt nach im Kampf gegen die Schwerkraft. Seine Zeit läuft ab, eine Kurskorrektur ist ausgeschlossen.
In diesem Konstruktionsrahmen entwickelt Konstantin Sacher die Geschichte eines Mannes ohne Eigenschaften, der immerhin ein starker Träumer ist. Er träumt Szenen aus Romanen von Cormac McCarthy und William Golding. Die Grenzen zwischen Träumen und anderen Zuständen sind unscharf. Dramatisierungen der Übergänge wirken sich verhängnisvoll aus. Der Erzähler bewegt sich auf das Land der Paranoia zu.
Er erinnert sich an die Liebe, wie sie zu ihm kam in der Gestalt von Sarah. Er beschreibt Szenen häuslichen Unglücks und nennt Gründe früher Resignation: „Wenn sie nicht mitgeht, dann wird das Gleiche passieren, nur anders.“
„Das Gleiche, nur anders“ klingt wie serielle Monogamie. Davon ist im Roman nicht die Rede. Sarah stirbt im Feuer. Im Andenken des Erzählers verwandelt sie sich in eine Ikone. Sie wird zum Du eines Selbstgesprächs – zum blinden Spiegel eines tauben Ichs. Mich erinnert die Attitüde an Krachts Faserlandfahrer und entfernt sogar an Ellis‘ ersten Helden in „Unter Null“.
Nach Jahren trennt sich der Erzähler von der Toten. Beziehungslos taumelt er Richtung Rinnstein und Katzenjammer. Er neigt zu starken Behauptungen, die von seiner Labilität ins Lächerliche gezogen werden. Er vermutet etwas Monströses in sich. Monströs ist allein seine Mickrigkeit.
Sein Schöpfer hat sich vielleicht zuviel ausgedacht. Vielleicht wollte Sacher die unsympathischste Person in seiner Vorstellungswelt isolieren. Jedenfalls möchte ich dem Roman-Ich nicht begegnen. Es erscheint vollkommen reizlos in verhunzten Darstellungen. Dieser Schwanengesang ist ein Andrang des Nichts – die Fleißarbeit eines Untüchtigen.
Warum macht sich einer die Mühe, einen Homunkulus mit Frankenstein’schen Fehler zu erschaffen? Der Erzähler ist ein Sinnsucher, der sich auf Sinn nicht konzentrieren kann, und ein vom Geschlechtlichen angewiderter Womanizer. Er stört die Kreise geerdeter Irrer in Südspanien. Als Aushilfe im Obdachlosencafé macht er schlapp. Nur einmal nähert er sich Vorstufen des Muts, bewaffnet mit einem Stein. Gleich darauf feiert er sich: Christina „war die Frau, die ich vor den Bösen und Fetten, den Stinkenden und Ungewaschenen, den Hirn- und Skrupellosen gerettet hatte.“
Natürlich versiebt er auch dieses Glück in absurden Aktionen.
Das Gleiche anders