Rezension zu "Die Eismalerin" von Kristín Marja Baldursdóttir
Karitas wächst um 1900 auf Island auf. Die Lebensumstände sind hart auf der kargen, kalten Insel, das Essen ist häufig knapp und das Geld sowieso - zumal Karitas noch fünf weitere Geschwister hat, die alle nur von ihrer Mutter Steinnun aufgezogen werden. Und doch hat Steinunn es sich in den Kopf gesetzt, all ihren Kindern die bestmögliche Bildung angedeihen zu lassen. Dazu zieht sie mit ihnen ins ferne Akureyri, wo sich die ganze Familie am Hafen als Helfer beim Fischfang verdingt, um später das Schulgeld zahlen zu können.
Nach und nach schlagen alle Kinder ihren eigenen Lebensweg ein, und Karitas, die schon früh ihre Liebe zur Malerei entdeckte, erhält die Chance, ebendiese zum Mittelpunkt ihres Lebens zu machen.
Den Einstieg in den Roman fand ich vielversprechend, wenn auch die Handlung erstmal etwas vor sich hingeplätschert ist. Die harten Lebensumstände jener Zeit werden (im ganzen Roman) gut und nachvollziehbar beschrieben. Auch die kleine Karitas weckte nach der Ankunft in Akureyri schnell meine Sympathie, aufgeweckt und umsichtig wie sie ihrer Familie aus mancher schwieriger Situation heraushilft. Dabei hat sie schon sehr früh ihren eigenen Kopf und weiß, was sie will und wie sie es bekommt - eine starke Persönlichkeit. Überhaupt werden im Roman viele verschiedene Frauenbilder gezeichnet und man merkt, dass es der Autorin darauf ankommt, starke Protagonistinnen zu konstruieren.
Umso mehr verwunderte es mich, als Karitas nach einem zeitlichen Bruch von 5 Jahren, aus denen man kaum etwas erfährt, plötzlich viel von ihrer Energie verloren zu haben scheint. Sie ist nun eine eher launische junge Frau, hin- und hergeworfen zwischen ihrem Dasein als Mutter und dem als Künstlerin; auch dieser Konflikt hätte spannend werden können, hätten sich nicht zunehmend mehr Längen in den Roman geschlichen. Mit ihrer Launenhaftigkeit hat Karitas zudem nach und nach meine Sympathie immer mehr verloren, und je weiter ich im Roman kam, desto anstrengender fand ich das Lesen.
Schade, denn wie gesagt mochte ich die Beschreibungen vom Leben auf Island und der Landschaft sehr. Für mich hat der Roman dann aber zu schnell zu sehr nachgelassen.