Kristian Niemietz

 3,3 Sterne bei 3 Bewertungen
Autor*in von Sozialismus.

Lebenslauf

Dr. Kristian Niemietz ist Leiter der Abteilung Politische Ökonomie am Londoner Institut für Economic Affairs. Er studierte Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität von Salamanca sowie politische Ökonomie am King's College London. Zuvor arbeitete er am Institut für Freies Unternehmertum (IUL) in Berlin und lehrte Volkswirtschaftslehre am King's College London.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Kristian Niemietz

Cover des Buches Sozialismus (ISBN: 9783959724401)

Sozialismus

 (3)
Erschienen am 23.02.2021

Neue Rezensionen zu Kristian Niemietz

Cover des Buches Sozialismus (ISBN: 9783959724401)
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Rezension zu "Sozialismus" von Kristian Niemietz

Seltsamer Humor: Der Sozialismus "ist nicht gescheitert, weil er noch nicht begonnen wurde"
Dr_Mvor 3 Jahren

Das stand im Wahlprogramm der Vereinigten Linken von 1990 und ist ein Klassiker: Obwohl alle Versuche, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, bisher mit zum Teil fürchterlichen Folgen gescheitert sind, halten Linke standhaft und unerschütterlich an dieser Utopie fest. Wenn wieder einmal eines dieser zerstörerischen Experimente irgendwo in der Welt versucht wird, ist die linke Vorhut selbstverständlich völlig begeistert und lobt blind alles als völlig großartig und beispielhaft, was es dabei anfangs an organisatorischem und ökonomischen Blödsinn zu bestaunen gibt. Zeichnet sich später ab, dass es doch nicht prima läuft, gehen sie besser vorsichtig auf Distanz. Und wenn auch dieser Versuch wieder einmal scheitert, dann war es eben kein wirklicher Sozialismus. Das hat etwas von Schizophrenie. Oder es dokumentiert das Unvermögen, von einer Lebenslüge zu lassen.

Kristian Niemietz versucht in diesem Buch, dieses Phänomen zu beschreiben, um sich danach der Frage zuwidmen, warum in aller Welt kaum ein Linker auf die nach dem Dauerscheitern naheliegende Eingebung kommt, dass das sozialistische Utopia, "ein Sozialismus der Freiheit und der Demokratie, ein auf Volkssouveränität beruhendes Gemeinwesen selbstverwalteter Betriebe und Kommunen, deren Räte unmittelbar die Interessen der Menschen vertreten", wie es für westliche Sozialismus-Fanatiker ganz typisch im oben erwähnten Wahlprogramm heißt, nicht realisierbar ist.

Sozialismus, egal wie man ihn definiert, kommt immer aus dem Kopf von Intellektuellen. Diese Leute glauben ernsthaft, sie könnten in ihrem Gehirn eine ganze Gesellschaft konstruieren und dann auch noch leiten. Dass es sich dabei um die größenwahnsinnige Anmaßung von Wissen handelt, das sie nicht besitzen und nicht besitzen können, kommt ihnen nicht in den Sinn. Selbst dann nicht, wenn sie wirklich hoch intelligent sind, etwa wie Sahra Wagenknecht. Jede Gesellschaftsform ist bisher immer mehr oder weniger von selbst entstanden, getrieben durch den technischen Fortschritt. Der Sozialismus, egal welcher Spielart, ist dagegen ein Gedankenkonstrukt, das bisher immer praktisch gescheitert ist. Sozialisten verkennen die Natur menschlichen Handelns, die nicht mit gleichmacherischen sozialistischen Parolen vereinbar ist. Wenn sie im Verlaufe ihrer Experimente erkennen, dass die Menschen nicht so handeln, wie sie sich das in ihrer Einfalt vorstellen, dann kommen sie auf die nächste wahnwitzige Idee und wollen den "neuen Menschen" erschaffen.

Sozialisten zwingen Menschen in ein ökonomisches System, das höchst ineffektiv ist. Sie lieben Planwirtschaften und verzichten dabei auf die wichtigste Information, nämlich einen sich am Markt bildenden Preis. Preise werden im Sozialismus willkürlich festgelegt, was zu völlig paradoxen Situationen führt. Beispielsweise war in der DDR Brot billiger als Getreide. Gleichzeitig bilden sich garantiert Schattenwirtschaften und Schwarzmärkte heraus, weil Planwirtschaftler ohne einen echten Markt nur an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbei planen können.

Der Autor geht auf diese Achillesferse von Sozialisten nur kurz ein. Stattdessen befasst er sich mit den verschiedenen gescheiterten Versuchen, erklärt sie mehr oder weniger gut und beschreibt ausführlich, wie diese Versuche von den Sympathisanten im Westen zunächst bejubelt wurden, um dann nach dem Scheitern des Irrsinns zu behaupten, dass das kein wirklicher Sozialismus gewesen sei.

In einem etwas längeren Abschnitt erklärt Niemietz dann, warum Sozialisten völlig immun gegen jede Art von kritischer Argumentation sind. Sozialismus ist eben eine Haltung und nichts weiter. Man ist Sozialist aus Prinzip, weil man vor allem für Gerechtigkeit und andere nur schwammig formulierbaren wunderbaren Zustände sein muss. Die psychologische Erklärung für die Unsterblichkeit sozialistischer Verblendung kennt jeder aus seinem persönlichen Erleben: Fast alle Menschen haben zuerst eine Meinung und versuchen diese erst danach irgendwie intellektuell zu begründen. Und selbst wenn man noch so zwingend und logisch argumentiert, wird man eine mit der Person des anderen fest verbundene Meinung auf diese Weise nicht ändern können. Auf ein solches Hindernis trifft man in fast allen Diskussionen. Spätestens wenn es persönlich wird, weiß man, was die Stunde geschlagen hat.

Sozialismus kann mit Freiheit und Demokratie nicht einhergehen. Im Grunde ist eine sehr große Zahl von Menschen für einen wie auch immer gearteten Sozialismus. Denn alle wollen Gerechtigkeit und irgendwie Gleichheit, aber halt nur so lange, wie es ihnen selbst von Vorteil erscheint. Und genau an dieser Stelle trifft die sozialistische Idee auf die Wirklichkeit. Menschliches Handeln ist in der Summe immer auf den eigenen Vorteil ausgerichtet. Und das ist kein Zufall, sondern ein Prinzip der Evolution, das man nicht einfach per Dekret oder aus scheinbar höheren Motiven abschaffen kann.

Lustig ist der Schluss des Buches. Dort versucht Niemietz eine Entwicklung zu beschreiben, die viele SED-Mitglieder oder sogenannte Bürgerrechtler der DDR eigentlich wollten, nämlich die Weiterführung des Sozialismus in einer anderen Form. Warum das niemals funktioniert hätte, lässt sich beim Autor gut nachvollziehen. Es hätte nämlich zwangsläufig genau wieder auf die Maßnahmen geführt, an denen die DDR gescheitert ist.

Ich fand das Buch sehr interessant, allerdings weniger wegen seiner ewig langen Zitate von westlichen Lobhudlern über später kläglich gescheiterte sozialistische Experimente, sondern eher wegen seiner leider nur kurzen Erklärungen für dieses Scheitern und für das Festhalten westlicher Sozialisten an ihrer Lebenslüge.

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