Cover des Buches Die Nachtigall (ISBN: 9783352008856)
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Rezension zu Die Nachtigall von Kristin Hannah

Ein Buch, das seine Topbewertungen wirklich verdient!

von Betsy vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Zu diesem Buch kann man nur eines sagen: Man sollte es unbedingt lesen!!!!

Rezension

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Betsyvor 7 Jahren
„Wenn ich in meinem langen Leben eines gelernt habe, dann ist es Folgendes: In der Liebe finden wir heraus wer wir sein wollen: Im Krieg finden wir heraus, wer wir sind.“

Selten begann ein Buch mit einem so eindringlichen und nur allzu wahren Satz.

Frankreich 1939: Vianne und ihre jüngere Schwester Isabelle nehmen den Leser mit auf eine Reise in die Zeit als Frankreich von den Deutschen besetzt wird. Während Vianne mit ihrer Tochter auf dem Land versucht zu überleben ohne zuviel Aufmerksamkeit zu erregen und auf eine baldige Rückkehr ihres Mannes hofft, ist Isabelle voller Tatendrang etwas gegen die Nazis zu tun und bringt damit nicht nur sich selbst in Lebensgefahr. Obwohl sich die Wege der Schwestern alsbald trennen, da Isabelle sich der Résistance anschließt und sie zu ihrem Vater nach Paris geht, bleibt Vianne zurück mit einem deutschen Hauptmann, der sich bei ihnen zwangseinquartiert hat. Obwohl beide anfänglich so verschieden wirken und mit ihren gegenseitigen Ansichten oftmals in Streit ausbrechen, retten beide im Verlauf des Krieges Unschuldigen das Leben, jede auf ihre Art und müssen dabei unendlich viel Stärke beweisen.

Eine Familie voller stiller Helden, Frauen und ihr Mut zu kämpfen, für ihr Land, für die Familie, für die Freiheit, für die Menschen und für die Liebe in ihrem Leben, während die Männer an der Front sind und dort zu Kriegshelden werden, haben die Frauen zu Hause nicht weniger zu kämpfen, nur tun sie es eher still vor sich hin. Besonders als Frankreich vom Feind besetzt wird beweisen sie dabei oftmals enormen Mut. Sie müssen für ihre Kinder sorgen, hoffen auf die Rückkehr ihrer Liebsten, leiden Hunger und müssen mit ansehen wie Freunde samt Kinder deportiert werden, weil sie Juden sind, während die Deutschen in Saus und Braus auf ihre Kosten leben.

Dieses Buch stellt 2 Schwestern in den Mittelpunkt. Isabelle, jung, rebellisch und voller Tatendrang sowie Vianne, besonnen und vorsichtig, um ihre Tochter zu beschützen, sie gehen ihren Weg und obwohl anfänglich gespalten über ihr Verhalten gegenüber ihren feindlichen Besetzern, zeigen beide auf ihre Weise enormen Mut. Die eine indem sich der Résistance anschließt und abgeschossene Piloten der Alliiertenunter dem Decknamen Nachtigall über die Pyrenäen führt und die andere indem sie erst nach und nach über sich hinauswächst und nicht mehr untätig bleibt, weil auch sie den Taten der Nazis, trotz all ihrer Angst, nicht mehr still zusehen kann.

Diese Geschichte zweier Schwestern zur Zeit des 2. Weltkrieges in Frankreich reißt einen einfach mit. Spannend, emotional und auch mit vielen geschichtlichen Fakten versehen, versinkt man in diese Geschichte und erlebt hautnah mit wie der Krieg Menschen verändert und ein jeder auf seine Art versucht zu überleben.

Gebannt verfolgt man den Weg der Schwestern, die hier viel emotionalen Ballast aufgrund ihrer Vergangenheit und der fehlenden Liebe ihre Vaters mitschleppen, sowie dank ihrer verschiedenen Charaktere viel an Konflikten in diese Geschichte hineinbringen. Einerseits Vianne die natürlich Angst um ihre Familie hat und Isabelle vorwirft verantwortungslos und unüberlegt zu handeln, während Isabelle nicht verstehen kann, wie man einfach so zusehen kann wie die Nazis Frankreich übernehmen.

Was hier alles so glaubhaft und authentisch wirken lässt, sind nicht nur die Figuren, die hier alle sehr menschlich, sprich nicht fehlerfrei, auftauchen, sondern auch die vielen kleinen Dinge die hier hineinspielen, wie die Umgebung, die Steigerung der Gräueltaten der Nazis, die bedrückte Atmosphäre, die leeren Straßen, die harten Bedingungen um Lebensmittel zu besorgen, die Wut der Nazis als es erste Rückschläge gibt, deren abwertende und auch respektlose Behandlung der französischen Einwohner, die Hunger leiden während sie selbst sich den Bauch vollschlagen und natürlich wie gefährlich es sein kann sich gegen sie zu stellen, sei es öffentlich oder heimlich. Ganz besonders gut ist im weiteren Verlauf die Angst, dass ein falscher Blick, ein falsches Wort zu jemanden, das Ende sein kann. Immer wieder ist es unglaublich sich vor Augen zu führen wieviele Opfer es gab und wie schlimm es für die Mitmenschen gewesen sein muss, zuzusehen wie die eigenen Freunde oder die Familie deportiert wird, ohne viel tun zu können.

Umso mutiger und bewundernswerter finde ich die Schwestern, besonders Vianne, die natürlich alles tun würde um ihre Tochter zu beschützen und dennoch nicht zusehen kann, wenn es um Menschen geht die sie liebt oder unschuldige Kinder in Zwangslager oder schlimmeres abtransportiert werden. Man spürt hier richtig wie das anfänglich noch undefinierbare Grauen und die Fassungslosigkeit der Menschen in der Luft liegt und viele gar nicht glauben können was mit den Juden passiert, sogar sie selbst nicht, trotz all der Demütigungen die sie bislang erfahren mussten, wie den Judenstern oder ihre Entlassung aus ihren Berufen. Während Isabelle in ihrer Jugend und auch ihrer Art erst zu Handeln und dann zu denken, wenig an die Konsequenzen denkt und voller Tatendrang für ein freies Frankreich kämpft. Doch während sie anfänglich noch recht unbedarft ist, spürt sie als sie sich verliebt, wieviel Mut dies in dieser Zeit erfordert, weiß man doch nicht was passieren wird und ob man den anderen lebend wiedersieht.

Klar es gab ein paar Handlungsstränge die hier zusätzlich für Gefühle beim Leser sorgen sollten, wie die Liebesgeschichten der 2 Schwestern, aber störte hier nicht wirklich, da die Liebe im Krieg eben auch ein wichtiges Thema ist. Was teilweise etwas schade war, ist das es hier doch einige größere Zeitsprünge gibt und dann wieder viel auf einmal passiert bzw. man sich wieder in einer neuen Ausgangslage befindet. Anders wäre es aber auch schwerlich möglich gewesen hier alles hineinzupacken und trotzdem leicht lesbar zu sein, da es dann wohl die doppelte Menge an Seitenzahlen gebraucht hätte, was mich zwar nicht gestört hätte, aber wohl doch einige andere vom Lesen vielleicht abgehalten hätte.

Fazit: Einer der intensivsten Romane zum Thema 2. Weltkrieg, die ich je gelesen habe! Ein Buch mit viel Emotion, Fakten, aber auch Charakteren die sich hier im Laufe des Krieges entwickeln und versuchen ihren Weg in diesen wirren Zeiten zu finden. Teils erfolgreich, teils mit großen Opfern, mit Mut, Angst, Liebe und Hass sowie mit Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges. 2 scheinbar ungleiche Schwestern, die sich nicht gerade sehr nahe stehen, aber dennoch beide auf ihre Weise einen mutigen Weg gehen und versuchen zu überleben. Anhand dieser Geschichte sieht man, wie viel Kraft es erfordert sich nicht unterkriegen zu lassen, von Hunger, Angst und Gewalt und wie man über sich selbst hinauswachsen kann, wenn es um Leben und Tod geht. Die Autorin schreibt hier Faktenreich, aufrüttelnd, sowie mit unglaublichen Einfühlungsvermögen und vermittelt einen sehr realistischen Eindruck wie es damals wohl gewesen ist und wie langsam aber sicher alles außer Kontrolle geriet. Ein Buch, das meiner Meinung nach wirklich ein jeder gelesen haben sollte, damit man sich in Erinnerung ruft wie schlimm Krieg ist und was er mit den Menschen anstellt!
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