Rezension zu "Das Leben vor uns" von Kristina Gorcheva-Newberry
Die beiden Freundinnen Anja und Milka wachsen in den letzten Jahren der Sowjetunion am Stadtrand von Moskau auf. "Wie die meisten Russen hatten wir die Sowjetunion nie verlassen, und alle fremden Städte waren für uns so weit weg und so unerreichbar wie der Mond. Wir konnten nicht ahnen, dass der Eiserne Vorhang bald fallen würde oder dass der Rest der Welt anders war ..." Die beiden Mädchen genießen die unbeschwerten Sommer auf der Datscha von Anjas Eltern. " Wir faulenzten in der Hängematte, die wir zwischen dem Verandageländer und einer Kiefer aufgehängt hatten, oder wir reihten wilde Erdbeeren auf lange Strohhalme und lutschten sie dann alle auf einmal so ungestüm herunter, dass unsere Zungen und Münder magentarot schäumten; wir schnitzten unsere Namen in Birkenstämme ... Diese Sommer kamen uns genauso endlos vor wie das Leben, das vor uns lag." Sie grölen "We are the champions" mit und träumen von ersten Küssen, von Liebe und Freiheit.
Der erste Teil des Buches, Anjas und Milkas Kindheit, die Beschreibung ihrer Freundschaft, hat mir sehr gut gefallen. Doch je älter die Beiden werden, desto düsterer wird die Stimmung - das Heranwachsen vor dem Hintergrund der Geschehnisse in der UdSSR, die politischen Diskussionen, Milkas Geheimnis, das - als es endlich ans Licht kommt - das Schicksal der beiden Mädchen für immer verändert. Dennoch ein sehr lesenswertes Buch, eine ungewöhnliche Coming-of-Age-Story kurz vor dem Fall des Eisernen Vorhangs.