Um Klaus Störtebeker ranken sich viele Legenden und Sagen. Nachweisbares, woraus sich wirklich ein historisch genaues Bild flechten ließe, gibt es aber nur sehr wenig. Eines ist aber offensichtlich: der Mann muss in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an den Küsten von Nord- und Ostsee einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben. Und insbesondere muss dieser Eindruck beim einfachen Volk ein sehr guter gewesen sein, betrachtet man die Fülle an wohlwollenden Geschichten um seine Person.
Auch in der Literatur bekam Störtebeker seinen Platz. Lässt doch die fragwürdige tatsächliche Befundlage großen Spielraum für dichterisches Schaffen rund um diesen Mann zu.
KuBa, mit vollem Namen ausgeschrieben: Kurt Barthel (1914-1967), schrieb 1959 eine dramatische Ballade auf Klaus Störtebeker, die Grundlage der Aufführungen auf der Naturbühne Ralswieck wurde, und verfasste 1960 die hier vorliegende Erzählung "Die Legende vom Klaus Störtebeker", die wiederum auf die dramatische Ballade aufbaut, sie in Prosaform darstellt.
KuBa erschafft mit seinem Störtebeker einen durchaus möglichen, aber weder ist bis heute tatsächlich geklärt, wo Klaus Störtebeker herstammte noch wer er war oder selbst wann er starb oder wie er starb. Es ist also eine Legende und kein Tatsachenbericht, was KuBa hier bietet.
Die Geschichte KuBas beginnt auf Gut Ruschwitz auf Rügen. Ein junger Mann namens Klaus, ein Bauernjunge des Gutsherrn, vergreift sich an einem Krug Starkbier. Starkbier ist aber nur für die Herrschaft da und deshalb wird er zu vier "Vater unser", die eine Magd namens Trebele aufsagen soll, verurteilt. Trebele ist verliebt in Klaus, will die Folter so schnell wie möglich beenden und spricht die Gebete zu schnell. Der Vogt will sie nicht gelten lassen. Aber der Gutsherr erläßt ihr das letzte. Klaus soll sich für die Gnade bedanken. Sein Dank: er erschlägt den Gutsherrn und den Vogt und flieht gemeinsam mit Trebele. Sie werden von Goedeke Micheel und seiner Schiffsbesatzung aufgegriffen. Erst schweigt das aufgegriffene Paar, aber dann erzählt Trebele Meister Goedeke, der für den Gewandmacher Sarnow aus Stralsund fährt, die wahre Geschichte. Goedeke ist beeindruckend und will den beiden helfen. Seinem Chef gegenüber gibt er die beiden als Kinder seiner Schwester aus. Trebele kommt in das Haus der Sarnows, wo sie ausgebildet werden soll, und Klaus wird Schiffsknecht bei Goedeke Micheel. - In Stralsund kommt es zu tumultartigen Auseinandersetzungen zwischen den Patriziern und den aufstrebenden Handwerkszünften. Dabei gibt es einen hochrangigen Toten auf Seiten der Patruier. Die Situation droht zu eskalieren. Die Patrizier bekommen Angst. Der Täter, ein Gefolgsmann Sarnows, wird zwar eingesperrt, aber Sarnow zum Bürgermeister ernannt. --- Erneut eskaliert es aber, als die Patrizier den Gefangenen ermorden. Es kommt zum Aufruhr, die Patrizier fliehen. Störtebeker schlägt im Rat von Stralsund ungefragt vor, dass man die Geflohenen verfolgen solle. Er wird aber zur Ruhe gebracht. Sarnow setzt auf den demnächst stattfindenden Hansetag zu Rostock und das dort die nach Lübeck geflohenen Stralsunder Patrizier verurteilt und ausgeliefert werden. Es kommt aber anders herum. Der Führer der Stralsunder Patrizier klagt auf dem Hansetag Sarnow an. Sarnow wird verurteilt und hingerichtet. Seine Schiffe sollen beschlagnahmt werden und die Besatzungen, wozu auch Goedeke und Störtebeker gehören, festgesetzt werden. Goedeke taucht unter. Klaus und der Rest der Besatzung werden verhaftet und sollen mit Sarnows Schiff zurück nach Stralsund gebracht und dort gerichtet werden. Klaus und seine Gefolgsleute bringen das Schiff aber unter ihre Kontrolle und schicken die Wachleute geteert, gefedert und vertonnt nach Rostock. Er schwört Rache für Sarnow. Goedeke Micheel wird zwar von den Rostocker Wachleuten schließlich gefasst, aber Rostocks Bürgermeister schließt einen Pakt mit ihm. Er erhält einen Kaperbrief. - Kurz darauf treffen sich Klaus und Goedeke wieder. Klaus steht inzwischen unter dem Schutz der dänischen Königin, da sie ebenfalls eine Fehde mit Stralsund hat. - Obwohl auf verschiedenen Seiten stehend, beschließen die beiden Kapitäne künftig gemeinsame Sache zu machen. Ihre Beute lassen sie den Armen zukommen. Die Likedeeler, die Gleichteiler, werden ins Leben gerufen. - Die Hanse hingegen macht nun Jagd auf sie.
Von den historischen Fakten her mag wenig wahr an dieser Legende sein, aber: den guten Ruf, den Störtebeker unter den einfachen Menschen hatte, den muss er sich erarbeitet haben irgendwie. Und das war sicher nicht möglich, wenn er nur zu seinem Eigennutz gekapert und geplündert hätte. Von daher erscheint mir dieser Aspekt, der Likedeeler-Gedanke, der von KuBa in den Mittelpunkt der Erzähling gestellt wird, sehr glaubwürdig an der Legende um diesen Piraten.
Mag die Story um KuBas Störtebeker selbst erfunden sein, KuBa zeichnet in dieser Erzählung ein historisch getreues Abbild der damaligen allgemeinen Situation, der Strukturen der Gesellschaft und der Sitten und Wertvorstellungen. Und dies alles erfolgt in einem gut lesbaren Stil.
Rezension zu "Die Legende vom Klaus Störtebeker" von Kuba