Rezension zu "Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern" von Kurd Laßwitz
Historisch interessant: Erster Roman zum Thema „Invasion vom Mars“. Originelle, gut durchdachte Ideen zu Technologie und Gesellschaftsform der fortschrittlichen Marsianer aus dem Jahr 1897; mit einer deutlichen gesellschaftspolitischen Agenda des Autors.
Kurd Laßwitz Roman Auf zwei Planeten ist 1897, ein Jahr vor H. G. Wells Der Krieg der Welten erschienen und handelt ebenfalls vom Aufeinandertreffen von Menschen und Marsianern (im Buch „Martier“ genannt). Die beiden Autoren verfolgen aber zwei gänzlich unterschiedliche Ansätze. Während Wells Buch einen Kampf um den Lebensraum Erde aus darwinistischer Sicht beschreibt, den letztlich die „am besten Angepassten“ gewinnen, vertritt Laßwitz ein humanistisches Weltbild. Die Marsianer werden als technisch, intellektuell und moralisch hoch entwickelte Lebewesen idealisiert, die den Menschen zwar „hunderttausend Jahre voraus“ sind, aber diesen zunächst freundlich und wertschätzend begegnen. Dabei dürfte Laßwitz die eigene Widersprüchlichkeit bei seiner Darstellung der indigenen Bevölkerung in der Polarregion entgangen sein: Beim abwertenden Vergleich mit der „überlegenen“ Kultur und Sprache der deutschen Protagonisten seines Romans verliert er dieses Ideal aus den Augen. Gleichzeitig schließt er aus diesem Vergleich aber auf die Gefahr, die ein Aufeinandertreffen mit den Marsianern birgt: „Die Europäer haben so viele Völker niederer Zivilisation durch ihr Eindringen vernichtet, dass wir wohl wissen können, was für uns auf dem Spiel steht.“
Wenn man sich auf die antiquierte Sprache einlassen kann, kann der umfangreiche Roman als lebhaft erzählte Abenteuergeschichte gelesen werden. Das eigentliche Interesse richtet sich aber unweigerlich auf die originellen, gut durchdachten Ideen des Autors zu Technologie und Gesellschaftsform der fortschrittlichen Marsianer. Laßwitz stellt dabei deutlich – ganz im Sinne von Science-Fiction – didaktische Ansprüche an sein Werk, wobei ihm allerdings die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse der unmittelbar folgenden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts fehlen (z.B. Relativitätstheorie, Motorflugzeuge). Bei der Beschreibung der Gesellschaftsform und Handlungsmotive der Marsianer verfolgt der Autor erkennbar die Agenda einer Weltanschauung, die sich auf Vernunft und individuelle Selbständigkeit gründet. Seine Bücher wurden von den Nationalsozialisten verboten.
Auf zwei Planeten ist vor allem von historischem Interesse; der Roman beschreibt als erster einen Kontakt mit Außerirdischen. Kurd Laßwitz gilt als Vorreiter deutschsprachiger Science-Fiction und wird häufig zusammen mit seinen Zeitgenossen H. G. Wells und Jules Verne genannt – auch wenn er in der Weltliteratur nicht denselben Stellenwert hat. Nach Kurd Laßwitz ist der bekannteste deutsche Literaturpreis für Science-Fiction benannt.