Kurt Heinrich Hansen

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Cover des Buches Kaltblütig (ISBN: 9783499111761)

Rezension zu "Kaltblütig" von Truman Capote

Ein LovelyBooks-Nutzer
Kaltblütig

Truman Capote findet die richtigen Worte und reiht sie folgerichtig aneinander, was dabei heraukommt ist ein Szenario welches tief in der Vorstellung eines jeden von uns als Möglichkeit lauert- Angst macht. Furchtbare Angst. Das von ihm beschriebene Verbrechen ist keine Fiktion, es ist wirklich geschehen und es geschieht von Zeit zu Zeit in abgewandelter Form immer wieder. Unsere Seele hat keine Chance zu verdrängen.
Fremde dringen ins Haus, wollen stehlen und vergewaltigen, nehmen das Leben Deiner Lieben. Mit diesem Erlebnis stirbst Du dann auch. Sinnlos, grausam, KALTBLÜTIG. 

Cover des Buches Kaltblütig (ISBN: B0083DONZY)
blauerklauss avatar

Rezension zu "Kaltblütig" von Truman Capote

blauerklaus
Wahrheitsgemäßer Bericht über einen mehrfachen Mord und seine Folgen

„Die Recherche über dieses Buch hat mein Leben verändert. Es hat meine Ansichten über beinahe alles verändert und ich denke, diejenigen, die es lesen, wird es ähnlich berühren.“ Truman Capote 

Am 16. November 1959 stieß der Schriftsteller Truman Capote in der New York Times auf eine kurze Zeitungsmeldung, die sein schriftstellerisches Interesse weckte.

In einem kleinen Ort namens Holcomb in Kansas hatten unbekannte Täter eine vierköpfige Farmersfamlie überfallen, gefesselt und durch Kopfschüsse getötet.

Capote konnte den Chefredakteur des Magazins New Yorker überreden, ihn mit einer Reportage über die Hintergründe und die Ermittlungsarbeit der Polizei zu beauftragen. Zusammen mit seiner Jugendfreundin, der Schriftstellerin Nelle Harper Lee, reiste es nach Holcomb, um mit der Recherchearbeit zu beginnen. Zu diesem Zeitpunkt konnte er noch nicht ahnen, dass ihn dieses Vorhaben bis 1965 beschäftigen sollte.

Schon bald nach seiner Ankunft merkt Capote, dass das vorhandene Material sowie die weiteren Recherchearbeiten den Rahmen einer Zeitungsreportage sprengen würde. Er wollte aus dem Material ein Buch machen, jedoch nicht lediglich eine überlange Reportage, sondern einen auf Tatsachen beruhenden Roman. Er wird daher auch von vielen als der Begründer des Genres Tatsachenroman (Nonfiction novel) angesehen. Aus rund 6000 Seiten Notizen über die polizeilichen Ermittlungen, biographischen Angaben zu den Tätern sowie zahlreichen weiteren Details erschafft Capote einen atemberaubenden Roman.

Zu Beginn des Romans werden uns die späteren Opfer, die Familie des Farmers Herbert Clutter, vorgestellt. Detailliert beschreibt der Autor den Ablauf und die Geschehnisse auf der Farm bis einige Stunden vor der Tat. Der Leser nimmt unmittelbar am Geschehen teil, da die Handlung zum größten Teil in der ersten Person der jeweiligen Charaktere erzählt wird.

Parallel dazu wird beschrieben wie sich die Täter Richard „Dick“ Hickock und Perry Smith auf den Weg zur Farm der Clutters machen. Ihre Motive und Hintergründe bleiben für den Leser, ebenso wie für die damaligen Mitbewohner des Städtchens Holcomb, lange verborgen.

Für den Leser heutiger Romane überraschend, endet dieser Teil der Erzählung mit dem letzten Abend der Clutters und der Ankunft der Täter auf dem Farmgelände. Die Einzelheiten der Tat werden vorerst nicht erzählt. Vielmehr erfährt der Leser, ebenso wie die ermittelnden Kriminalbeamten, erst nach und nach die Einzelheiten der Tat und die Hintergründe und Motivation der Täter.

Nach einigen Wochen können die Täter gefasst werden und man merkt wie lange sich Capote mit den beiden Tätern, insbesondere Perry Smith, unterhalten hat. Capote sieht in Smith, der eine ähnlich traumatische Kindheit wie Capote erlebt hatte, einen „Bruder im Geiste“.

 „Wir waren wie Brüder, nur dass er zur Hintertür hinausging, während ich die vordere benutzte.“

Die biographischen Daten von Perry Smith machen seine Tat zwar nicht entschuldbar, es wird jedoch klar, dass hier die Verkettung sehr vieler unglücklicher Umstände zu einer Katastrophe führten.

Aber psychologische Gutachten, die Täter zumindest teilweise entlasten konnten, waren in Kansas zur damaligen Zeit nicht zugelassen und so reagiert das amerikanische Rechtssystem auf die „kaltblütige“ Tat mit einer ebensolchen kaltblütigen Antwort: Beide werden zum Tode durch den Strang verurteilt.

Es sollte jedoch noch bis zum 14.April 1965 dauern, bis die Strafe vollstreckt wurde.

Die intensive Beschäftigung mit dem Mord und ihren Tätern ging nicht spurlos an Capote vorüber. Seine Erlebnisse und Erfahrungen, die er während der Arbeit zu diesem Roman machte, haben ihn tief erschüttert. Er sollte danach nie wieder einen Roman vollenden.

Für mich ein hervorragender Roman, der intensiv und detailliert die Auswirkungen eines Verbrechens auf das gesellschaftliche Umfeld der Opfer, aber auch auf die Täter beschreibt. Viele Kritiker sehen in dem Roman auch ein Plädoyer gegen die Todesstrafe.

Als perfekte Ergänzung zu diesem Roman kann ich den Film „Capote“ des amerikanischen Regisseurs Bennett Miller aus dem Jahre 2005 empfehlen, der die Entstehungsgeschichte des Romans und die nicht ganz unumstrittene Rolle Capotes beleuchtet. Hauptdarsteller Philip Seymour Hoffman erhielt 2006 für seine Titelrolle sowohl den Oscar als auch den Golden Globe Award für die beste männliche Hauptrolle.

Cover des Buches Kaltblütig (ISBN: 9783499111761)
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Rezension zu "Kaltblütig" von Truman Capote

Stefan83
In Cold Blood

Truman Capotes "Kaltblütig", besser bekannt als "In Cold Blood", ist nicht nur das berühmteste Werk des schillernden amerikanischen Autors, sondern markiert auch Geburt und Höhepunkt eines bis dato nicht existenten Genres: des Tatsachen- oder "Non-Fiction"-Romans. Eine Pionierleistung, die zum Weltbestseller und mehrfach erfolgreich verfilmt wurde, und welche bis heute als schulmeisterliches Beispiel für die Betrachtung des amerikanischen Wertesystems in den 50er und den frühen 60er Jahren gilt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der grausame Mord an der Farmerfamilie Clutter, welcher für damalige Verhältnisse ein ungemein großes Medieninteresse nach sich zog und der hier noch einmal kurz angerissen sei:

Der 15. November des Jahres 1959. Das kleine Städtchen Holcomb in Westkansas. Richard Hickock und Perry Smith, zwei ehemalige Zuchthäusler dringen im Schutze der Nacht in das Haus des wohlhabenden Farmers Herbert Clutter ein, in der Hoffnung dort einen Safe mit Geld vorzufinden. Ihre Beute stattdessen: Lumpige 40 Dollar, die sie aus Brieftaschen und Sparbüchsen der gefesselten vier Familienmitglieder zusammentragen. Am nächsten Morgen werden alle vier tot aufgefunden. Herbert Clutter mit einem Schnitt durch die Kehle, seine Frau und die Kinder mit einem Schuss durch den Kopf hingerichtet. Hickock und Smith befinden sich zu dieser Zeit bereits weit weg, auf dem Weg Richtung Mexiko. Was bleibt ist eine Mischung aus Angst und Panik in der Kleinstadt. Man fürchtet den Mörder unter der Bevölkerung, Misstrauen und Angst bestimmen das Leben der einstmals eingeschworenen Gemeinde. Der Druck auf die Ermittler erhöht sich mit jedem Tag. Nach dem Hinweis eines Sträflings und Zellenkollegen Hickocks wird dann eine landesweite Fahndung in Auftrag gegeben, die in Las Vegas schließlich zur Verhaftung der beiden Flüchtigen führt.

Währenddessen reist Truman Capote, Schriftsteller und Reizfigur, nach Kansas, um Abläufe, Motive und Hintergründe des grauenhaften Verbrechens vor Ort zu ermitteln. Das Ergebnis dieser Nachforschungen: Sein Buch "Kaltblütig"...

Dieses Buch, und das sollte vor Beginn der Lektüre jedem etwaigen Leser klar sein, ist die Nacherzählung einer wahren Begebenheit. Es basiert auf den Ermittlungsergebnissen des FBI, biografischen Angaben der Täter und Interviews einfacher Bürger, Justizbeamten und nicht zuletzt der Mörder. Was jedoch banal, nach einem faden, trockenen Bericht klingt, erweist sich schon nach wenigen Seiten als ein fesselndes Leseerlebnis, das gerade dank dem reportagehaften Erzählstil eine unglaubliche Sogwirkung entfaltet. Capotes Stil ist knapp und doch lückenlos, sachlich und anrührend zugleich. Und obwohl das Buch seine Längen hat, mit einer Fülle von (teilweise abstoßenden) Details aufwartet, bleibt man als Leser mittendrin. Nichts ist schlimmer und grausamer als die Wirklichkeit. Die Tatsache, dass man weiß, dass es sich genau so ereignet, jede Person existiert und so gehandelt hat, macht diesen Roman so außergewöhnlich. Capote beleuchtet das Verbrechen von allen erdenklichen Seiten: Die Vorgeschichte, das Leben in Holcomb, die Flucht der Täter. In abwechselnden Episoden werden Leben und Persönlichkeit der Opfer und Täter näher von ihm skizziert, ohne sich dabei in moralischen Grundsatzfragen zu verfangen. Capote rechtfertigt an keiner Stelle, versucht auch durch nichts die Schwere der Tat zu entschuldigen. Und dennoch verfolgt man den Bericht mit einer verstörenden Mischung aus ambivalenten Gefühlen, erwischt man sich selbst dabei, wie man letztendlich auch Verständnis und Mitleid für die beiden Mörder entwickeln muss und will.

Gleichzeitig bleibt das Buch sehr spannend, da der Autor den Leser sehr lange über Hergang und Motive der Tat im Dunkeln lässt. Was letztlich folgt ist das Entsetzen über deren Sinnlosigkeit und ein taubes Gefühl, wenn man die Verurteilten auf ihrem letzten Gang zum Strang begleitet. Die Distanz ist spätestens hier endgültig gewichen und gerade die Frage nach der Todesstrafe erscheint nun in einem völlig neuen Licht.

Insgesamt ist "Kaltblütig" zweifelsfrei ein Meilenstein der Weltliteratur. Ein erschütterndes und nachdenklich machendes Werk, das, in einzigartiger Weise erzählt, gleichermaßen anzieht und abstößt, und nicht selten ungewollt morbide und makabre Neugier im Leser weckt. Großartig.

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