Rezension zu "Bob Marley – Der Ausnahmepoet" von Kwame Dawe
Der Übersetzter
Wer schon mal Songs von Bob Marley & The Wailers oder überhaupt Reggae gehört hat, hat bestimmt schon gemerkt, dass einiges ziemlich unverständlich klingt. Es kommen nicht nur viele Wörter wie „Jah“ oder „Zion“ vor, sondern besonders Bob Marleys Lyrics sind voll von jamaikanischen Sprichwörtern und Redewendungen, die einen ganz anderen Sinn haben, als es auf den ersten Blick scheint. Bob Marley selbst hatte in Interviews nie erklärt, welche Botschaften in seinen Liedern steckten, da er davon ausging, dass die Menschen den Sinn dahinter sehr wohl verstanden. Um aber die immer noch Unwissenden aufzuklären verfasste Kwame Dawes dieses Buch, der selbst ein großer Fan des King of Reggae ist.
Lyric Genuis
In den siebzieger Jahren, als Bob Marley mit seinen Liedern auf der ganzen Welt berühmt wurde, glaubten viele Menschen, dass er seine Texte nicht selbst verfasste. Das Gerücht, das in der jamaikanischen Mittelschicht ihren Ursprung hatte, entstand aus vielen Gründen. Zum Beispiel wollte niemand glauben, dass ein junger Mann, der im Ghetto aufgewachsen ist, so gebildet war um solche aufrüttelnden wie auch einfühlsamen Texte zu verfassen. Aber auch Marleys Aussprache schürte die Gerüchte an. In Interviews sprach er immer Patois, sodass ihn auch englischsprachige Leute manchmal kaum verstanden haben. Seine Lyrics jedoch verfasste er in einem verständlicheren Englisch, damit die Menschen seine Botschaften erfassen konnten.
Ein großartiges Beispiel ist der Song „No woman no cry“. Nicht Jamaikaner missverstanden und missverstehen diese vier Wörter sehr oft. Manchmal wird behauptet, dass der Song so viel wie „Frauen weinen nicht“ oder „Ohne Frauen gibt es kein Gejammer“ bedeuten sollte. Der Titel wird zwar „No woman no cry“ geschrieben, sollte jedoch lieber „No woman nuh cry“ heißen. Das „nuh“ heißt im Patois so viel wie „don’t“. Also meinte Marley eigentlich nur „Nein Frau, weine nicht“. Es ist anzunehmen, dass er das Lied auf seine Frau Rita bezogen hatte. Zusammen waren sie durch schwere Zeiten gegangen als sie im Kingstoner Ghetto lebten und das Geld hinten und vorne nicht reichte. Sie beklagte die Zeiten in denen sie so litt und Marley ermutigte sie sich ihre Erinnerungen hervorzurufen damit sie überleben konnten. Die poetische Qualität war zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich für den Reggae, trotzdem kann man nicht davon sprechen, dass Bob Marley hier neuen Boden betreten hat. Aber die biografische Gestalt machte seine Lovesongs zu mehr als nur einen einfachen Gedanken über die Liebe. Wie man aus dem Lied gut heraushören kann, fügte Bob Marley Details aus seinem alltäglichen Leben hinzu das seinen Songs mehr Standhaftigkeit gab. Jedoch benutze er kein einziges Mal das Wort „love“, was diesen Lovesong unteranderem so besonders macht. Aber Bob Marley singt hier nicht nur von der Armut in der sie lebten, sondern auch von dem Reichtum der ihm gegeben war. Die Rede ist nicht von goldenem Schmuck oder Autos. Es sind keine materiellen Dinge, die er als Reichtum bezeichnete. Er singt „My feet is my only carriage“, womit er sagen will, dass er nur ein Fußgänger ist. Das ist Armut. Aber das Wort „carriage“ benutzt er bewusst. Er vergleicht seine Armut mit einem Symbol des Reichtums. Einer Kutsche. Somit sind seine Füße wortwörtlich seine Kutsche.
Bob Marley hat mit seinen poetischen, liebevollen und aufrüttelnden Lyrics Generationen von Menschen beeinflusst und immer noch finden seine Botschaften anklang. Er hat sich schon früh mit der politischen Situation in Jamaika befasst, die damals aber auch heute sehr korrupt ist und daher viel Hass und Gewalt mit sich bringt. Mit seinen Texten besänftigt er Menschen, erklärt, dass Hass nicht die Antwort auf die Fragen ist, sondern eher die Liebe und Gerechtigkeit. Es ist leicht jemanden zu hassen, doch schwer diesen Menschen in sein Herz zu schließen. Bob Marley ist ein wahrhafter Ausnahmepoet, der es über den Tod hinaus schaffte Menschen in seinen Bann zu ziehen.
Cover
Man behält diesen großartigen Mann gerne so in Erinnerung, wie es das Bild von ihm auf diesem Cover zeigt. Er trägt hier zwar gewöhnliche Kleidung, war aber trotzdem ein außergewöhnlicher Mann.
Fazit
Wem es immer schon schwer gefallen ist Bob Marleys Gedankenfluss in seinen Lyrics nachzuvollziehen, hat mit diesem Buch den perfekten Übersetzter gefunden. Leider werden nur die Lieder näher erläutert, die erst in den siebziger Jahren in England im Island Records Studio veröffentlich wurden, aber diese Erklärungen sind daher umso präziser. Der Autor befasst sich wirklich mit jedem einzelnen Wort um Bob Marleys tiefgründige Bedeutungen zu entziffern und zu erklären. Auch wenn man Patois einigermaßen versteht, gibt es doch immer wieder Stellen, die einen nachdenken lassen und wenn man das Buch liest, wird einem noch mehr bewusst, was für ein bewundernswerter Mann Bob Marley gewesen ist. Ein Muss für jeden Fan.
Quelle:
http://irierastasistren.blogspot.com/2010/06/bob-marley-der-ausnahmepoet.html