Rezension zu "Schläft ein Lied in allen Dingen" von Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen
wolfschwerdtvor 15 JahrenMit dem Buch „Schläft ein Lied in allen Dingen“ fügt Monika Vogt der Publikationsreihe zum alljährlich wiederkehrenden Tag des offenen Denkmals einen weiteren Band hinzu. Im vom Landesamt für Denkmalpflege in Hessen herausgegebenen Buch geht es weniger um einzelne Denkmalgattungen oder historische Stätten, die mit Personen oder Ereignissen in Hessen in Verbindung stehen. Es geht eher um Methoden der denkmalpflegerischen Erforschung an konkreten Beispielen.
Der antike römische Steinbruch am Feldberg im Odenwald steht am Anfang der Betrachtungen. Hier erfährt man nicht nur etwas über die römische Steinbruchtechnik. Die Untersuchung des Geländes und der Artefakte führt direkt in das nächste Kapitel, nämlich die antike Steinmetzkunst. Die Jupitersäulen die in großer Zahl auch in den germanischen Provinzhauptstädten gefunden wurden, geben einerseits Anlass für einen Ausflug in die Glaubenswelt der Römer, andererseits aber auch in die Sozialstruktur der Bevölkerung. Denn die Säulen geben nicht nur Aufschluss über die verehrten Götter, sondern auch über die Stifter, den Anlass der Errichtung und nicht zuletzt die Datierung.
Beispiele aus allen Zeiten und vielen Kulturbereichen zeigen, wie spannend das zunächst trocken klingende Thema „Methoden der denkmalpflegerischen Erforschung“ eigentlich ist. Kriminalistischer Spürsinn, Aufdecken von Verborgenem, Erinnerung an längst Vergessenes, Aufklären von Geheimnissen und gleichzeitig Aufwerfen neuer Fragen, das kennzeichnet die archäologische Denkmalpflege und Bauforschung. Dabei gibt es scheinbar Spektakuläres und eher Unscheinbares. Doch schnell, so wird bei der Lektüre des Buches „Schläft ein Lied in allen Dingen“ deutlich, entpuppen sich gerade die unscheinbaren Dinge als ungemein aufregend.
So findet natürlich die keltische Himmelsleiter vom Glauberg in der Wetterau Eingang in das Buch von Monika Vogt. Dabei handelt es sich um eine Anordnung einer Reihe von systematisch aufgestellten Baumstämmen. Die Anlage wurde nach archäologischen Befunden als Kalenderbauwerk der Kelten seit 2007 rekonstruiert und kann nun besichtigt werden.
Auf den folgenden Seiten berichtet Vogt von der fotografischen Inventarisation des Alfred Meydenbauer. Bei dem, was da so spröde klingt, geht es zunächst einmal um die Entwicklung der Geschichte der Fotogrammetrie, also der Vermessung von Baudenkmalen durch die Fotografie. Ein Ergebnis ist natürlich ein umfangreiches historisches Fotoarchiv, aus dessen Beständen Monika Vogt schöpft, wenn sie über die Geschichte des Rathause in Bad Hersfeld, der alten Schmiede in Kiedrich, der Goldhut-Gasse in Frankfurt am Main oder des Johanniterhofes in Gelnhausen berichtet.
Industriearchitektur, Sakralbauten, Luftbildarchäologie, Archäobotanik, die Grube Messel oder die als hölzerne Sensation bezeichnete gotische Kaufhalle in Limburg an der Lahn, deren Ursprung auf Ende des 13. Jahrhunderts datiert werden konnte zeigen das breite Spektrum der Denkmalpflege. Und jedes Mal, wenn Monika Vogt ein Thema aufgreift, dann gibt es unerwartete Überraschungen. So ist bei der gotischen Kaufhalle in Limburg nicht die Entstehungszeit, das 13. Jahrhunderts, so aufregend. Es ist die Tatsache, dass nicht nur der Dachstuhl fast komplett, sondern auch bedeutende Teile der Wände über mehrere Geschosse nicht nur konstruktiv, sondern materiell aus dem Jahre 1289 stammen.
Über geheimnisvolle Riesen in Form von Menhiren kann der Leser in dem Buch „Schläft ein Lied in allen Dingen“ ebenfalls Einiges erfahren, als Beispiel wird hier der Menhir in Langenstein im Kreis Marburg- Biedenkopf vorgestellt.
Bei den vorgestellten Kulturdenkmalen werden dem Leser immer wider neue Aspekte auch zur Untersuchungstechnik nahegebracht. Und irgendwann wird dem Leser auch die Bedeutung des Buchtitels klar. Das Gedicht von Joseph von Eichendorf sagt nämlich nichts anderes, als dass in allen Dingen ein Lied, also eine Geschichte, schlummert, die dann zutage tritt, wenn man die richtigen Fragen stellt, den richtigen Blickwinkel trifft. Das Buch von Monika Vogt trägt jedenfalls dazu bei, den richtigen Blickwinkel zur kulturellen Hinterlassenschaft unserer Vorfahren zu finden.