Rezension zu "Der Name meines Bruders" von Larry Tremblay
Ich weine fast nie beim Lesen. Bei „Der Name meines Bruders“ konnte ich nicht anders. Die Geschichte spielt irgendwo im Krieg. Der Feind lebt auf der anderen Seite des Berges. Bei einem nächtlichen Bombenangriff werden die Großeltern der Zwillingsbrüder Amed und Aziz in ihrem Haus getötet. Einige Zeit später erhält die Familie Besuch von einem einflussreichen Mann aus dem Dorf. Er verlangt, dass einer der 9-jährigen Zwillingsbrüder im Feindesland hinter dem Berg ein Selbstmordattentat verübt. So soll der Tod der Großeltern gerächt und weitere Angriffe verhindert werden. Das eigene Kind zu opfern wird als religiöse Pflicht gesehen. Als Held ist dem jungen Märtyrer ein Platz im Paradies sicher. Sein Tod bedeutet für die Familie große Ehre und Respekt. Dem Vater obliegt die Entscheidung, welchen seiner Söhne er opfern wird. Die Geschichte ist voll von beklemmender Traurigkeit, Angst und stiller Verzweiflung. Jeder in der Familie leidet auf seine Weise unter der Last, sieht aber keine Chance sich dieser völlig sinnlosen fanatischen Forderung zu widersetzen. Vater und Mutter wissen, sie sollten stolz darauf sein, dass einer ihrer Söhne für diese Ehre auserwählt wurde. Innerlich zerreißt sie die Last dieser „Auszeichnung“. Besonders die spielerische Verarbeitung der bevorstehenden Märtyreraufgabe (Aziz und Amed basteln sich Sprengstoffgürtel und spielen Attentäter auf dem Feld) sowie die Gespräche der Brüder untereinander haben mich sehr berührt und mir einen Schauer über den Rücken gejagt. Im letzten Teil des Buches erzählt Tremblay wie es dem nun 20-jährigen überlebenden Bruder seither ergangen ist. Es ist die absolute Sinnlosigkeit dieses Todes, die mich fassungslos und tieftraurig zurücklässt.