Rezension zu "Schräge Vögel singen nicht" von Lars Lenth
Leo Vangen lebt nach seinem Jurastudium in einem baufälligen Haus seiner Eltern auf Bærum, einer kleinen Insel vor Oslo. Und genau damit fällt er schon zwischen den ansonsten reichen und erfolgreichen, aber auch recht korrupten Bewohnern auf. Als beim Fischen ausgerechnet vor seinem Haus ein menschliches Ohr auftaucht, das sich als Teil eines ermordeten polnischen Bauarbeiters entpuppt, kann Leo Vangen endlich in seinem ersten großen Fall ermitteln…
„Schräge Vögel singen nicht“ wird hierzulande als zweiter Teil der Reihe um Leo Vangen beworben, im norwegischen Original handelt es sich jedoch um den ersten Band, den Lars Lent verfasst hat. Und so mag es den deutschen Leser vielleicht auch etwas wundern, dass zunächst einige Zeit darauf verwendet wird, Charaktere vorzustellen oder die Beziehung zwischen Leo und seiner Jugendliebe Marieke auf einem ganz anderen Stand ist als zu Ende von „Der Lärm der Fische beim Fliegen“. Wer davon absehen kann und sich auf die dadurch entstehenden kleinen Längen bei Erklärungen von bereits bekanntem absehen kann, wird aber wieder mit einer herrlich überspitzten Szenerie belohnt, die anders als der typische „Schweden-Krimi“ mit viel Humor daherkommt. Dafür sorgen die wunderbar überspitzten Charaktere, die eine sehr markante Note mitbringen, aber dadurch auch stellenweise etwas schablonenhaft wirken – wer böse ist, lässt dies in all seinen Taten durchscheinen, menschliche Grauzonen scheint es nicht zu geben. Auch die Handlung setzt oft eher auf gesellschaftspolitische Kritik denn auf einen spannenden Aufbau mit markanten Thriller-Elementen, aber genau das wollte der Autor ja auch erreichen.
Auch die Verwendung der Sprache ist ungewöhnlich, es wird geflucht, an einigen Stellen etwas ordinär, aber dadurch auch modern und authentisch geschrieben. Ich mag auch hier wieder den bitterbösen und hintergründigen Humor des Autors, der sich immer wieder auch an unerwarteten Stellen zeigt. Das hat für einige Lacher gesorgt und die Geschichte immer wieder aufgelockert und reizvoll werden lassen – selbst wenn sich der Autor in nicht furchtbar interessanten Nebenhandlungen aufhält, die den Verlauf der Geschichte verzögern. Mir gefällt, dass die Stimmung und Norwegen und speziell in Oslo so authentisch dargestellt wird und viele authentische Details eingebunden sind.
Auch in diesem Band gibt es kleinere Schwächen, insbesondere wenn sich die Geschichte zu sehr auf Nebenschauplätze konzentriert und dabei einige langatmige Szenen entstehen. Der eigentliche Plot wirkt aber etwas dichter als im ersten Band der Reihe. Die wundervoll überzeichneten Figuren und die skurrile Szenerie sorgen gemeinsam mit dem schwarzen Humor der Geschichte jedoch für einen unterhaltsamen Roman.