Wir kennen sie alle, die Scham. Die Scham, etwas gesagt zu haben, das bei den Menschen, die mit uns am Tisch sitzen, auf völliges Unverständnis stößt und die Stimmung verdirbt. Die Scham über den eigenen Körper, der "zu dick", "zu dünn", "nicht schön genug" ist. Die Scham, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, bei Versagen, beim Nichtstun. Laura Späth projiziert in ihrem Buch die Schampflanze auf das innere Auge, die wächst und wächst - und dieses Bild finde ich so passend!
In "About Shame" widmet sich Laura Späth 270 Seiten lang der Scham in all ihren Facetten - Scham für den eigenen Körper, für bestimmte Gefühle oder für psychische Erkrankungen, um nur einige Beispiele zu nennen. Dabei bedient sich die Autorin sowohl ihrer eigenen Erfahrungen, als auch sozialpsychologischen Ansätzen. Sie zeigt, dass Scham viel mit den bestehenden Machtverhältnissen und unseren gesellschaftlichen Strukturen zusammenhängt, die uns in ein Korsett stecken, das an allen Ecken und Rundungen zwickt. Gleichzeitig spricht sie der Scham aber nicht ihre Daseinsberechtigung ab, sondern verdeutlicht vielmehr, dass wir ihr mehr Raum geben sollten und uns vor allem nicht für sie schämen sollten.
Ich hätte vor dem Lesen nicht gedacht, dass mich ein Sachbuch über das Thema Scham fesseln könnte oder geschweige denn, dass es ein Buch über dieses Thema überhaupt braucht. Laura Späth hat mich aber definitiv eines Besseren belehrt. Auch wenn mir Vieles schon vorher bewusst war und ich auch einige ihrer Lektüretipps bereits gelesen habe, konnte ich doch neue Erkenntnisse aus "About Shame" ziehen - zum Beispiel, dass Scham durchaus ein feministisches Thema ist. Mir persönlich hätten es nur ein paar Fußnoten weniger sein dürfen, das hat meinen Lesefluss doch sehr gestört.
Ich spreche für Laura Späths Buch sehr gerne eine Leseempfehlung für alle Interessent*innen feministischer Sachbücher aus - und für alle, die sich gerne näher mit ihrer Scham in den verschiedensten Kontexten auseinander setzen möchten.
Über Scham