Laura Wiesböck

 4,5 Sterne bei 13 Bewertungen

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Neue Rezensionen zu Laura Wiesböck

Cover des Buches In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen (ISBN: 9783218011334)
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Rezension zu "In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen" von Laura Wiesböck

Tut gut der eigenen Selbstgerechtigkeit
mapefuevor 5 Jahren

Das Buch ist wie ein Spiegel, in den es ohne Scheu und mit einer Portion Selbstkritik zu schauen gilt.

Cover des Buches In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen (ISBN: 9783218011334)
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Rezension zu "In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen" von Laura Wiesböck

Blasen vermeiden
Gwhynwhyfarvor 5 Jahren

»Was haben eine junge Frau, die denkt, dass Wähler rechtspopulistischer Parteien dumm sind, und ein Mann, der alle Migrant*innen für Sozialschmarotzer hält, gemeinsam? Wahrscheinlich mehr, als sie sich eingestehen wollen.«

Wie bewerten wir andere Menschen, was halten wir von Ihnen? Was bist du für eine*r? Weltverbesserer, Gutmensch, Bösmensch, Emanze, Alt Right, linke Socke, rechter Nazi, Assi oder reicher Schnösel, etwa so ein Fatzke, der alles besser weiß, ein Oberlehrer, ein antiquarischer Hinterwäldler oder ein Nerd, ein Mohamed, ein Tierstreichler, Rabenmutter-Karrierefrau, Hausfrauentussi, Grasfresser, Ökoschlampe, Umweltschwein oder Rassist? – Egal was, ich bin der Bessere von uns beiden. Ich bin tadellos, mein Leben ist richtig und du bist falsch – ab in die Schublade. Wir in unserer Filterblase, in unserer sozialen Gruppe, gegen die, die wir verachten, auf die wir herabsehen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, die wir hassen.

»In Gesellschaften, die von Leistung, Konsum und Vergleichen gelenkt werden, liegen Urteile über andere nahe.«

Laura Wiesböck plädiert dafür, die Schubladen zu öffnen, miteinander zu reden, den anderen versuchen zu verstehen, denn Kommunikation schafft Verständnis. Wir müssen nicht jeden Menschen lieb haben, selbstverständlich soll jeder Mensch für seine Ziele einstehen, doch ohne selbstgerechten Blick auf andere Menschen wäre das Miteinander leichter. Die Psychologie lehrt uns: um uns selbst gut zu fühlen, müssen wir uns vergleichen, und der Hang, dabei andere zu bewerten, sich auf ein Treppchen zu stellen, um sein Selbstvertrauen zu stärken, ist nicht neu. Allerdings stärkt eine Leistungskonsumgesellschaft dieses Verhalten enorm. Gegenbewegungen bilden sich, suchen nach Akzeptanz, bilden dann plötzlich die neue moralische Elite. Wir stehen für Gleichheit, aber eine Karrierefrau ist negativ belastet, ein Karrieremann ein Held, ein Playboy ist ein begehrenswerter Mann, eine Frau mit mehreren Beziehungen eine Schlampe. Sehr interessant fand ich die Kapitel, bei denen es darum ging, sich selbst zu belügen.

»Der Drang, die aufregenden Facetten des eigenen Lebens online zu inszenieren, kann nun nicht nur einem selbst, sondern auch anderen Menschen Leid zufügen. Neben Formen der Entfremdung von sich selbst und der eigenen Umgebung können auch Neidgefühle initiiert werden. Mit dem Aufkommen der sozialen Medien ist der Vergleich mit anderen zu jeder Sekunde möglich. Via Smartphone ist man rund um die Uhr im Bilde über seine vermeintlichen Freund*innen und deren angebliche Erfolge. Menschen lassen sich von visuellen Selbstdarstellungen im Internet beeinflussen, selbst wenn sie wissen, dass diese nicht der Realität entsprechen.«

Es herrscht das Matra: Du kannst alles schaffen, wenn du es nur willst. Das funktioniert aber nicht, bzw. nur in seltenen Fällen und hat oft etwas mit Glück zu tun. Kreativ zu sein ist hipp, ein Bürojob mit Muff behaftet, selbstständig zu sein, bedeutet, sein eigener Herr zu sein, oben auf der Leiter. Beides ist letztendlich ein unermüdliches Rackern, selbst und ständig, schöpferisch unterbezahlt und ausgebeutet. Aber man ist cool, kann auf die in ihre Jobs gefangenen Angestellten herunterblicken. Arbeit schützt nicht vor Armut! Und dort ist eine junge Frau, die einen begehrten Praktikumsplatz in einem Kulturbetrieb einer Hauptstadt ergattert hat – cool aber unbezahlt. Und selbstverständlich bringt sie ihren Laptop mit, spricht perfekt Englisch (sie hat mindestens ein Auslandssemester absolviert). Nach ihrem Zehnstundentag an 6-7 Tagen wöchentlich entspannt sie sich bei Yoga und Avocadosalat. Sie zeigt kein Engagement, Sklavenjobs wie den ihren für die Zukunft zu verhindern, kann sich mit etablierten Parteien nicht identifizieren, die von Arbeitsplatzbedingungen und Mindestlohn reden, dabei weder Homework-Arbeitsplätze und Verträge für sogenannte Selbstständige im Visier haben, die projektorientiert angestellt werden. Denken wir weiter mit unserer Praktikantin im Sinn der Autorin: sie postet in sozialen Medien von ihrem so kreativen Medienjob, zeigt das das Yogacenter (sie muss schlank und attraktiv bleiben), ihren Avocadosalat – sie ist vegan, ein It-Girl. Sie postet nichts über ihre Depressionen und dass sie noch immer von Mami und Papi finanziert wird, die Omi finanziert das Fitnesscenter. Sie kann sich kein Auto leisten, keinen Urlaub – drum postet sie ihr umweltbewusstes Fahrrad und wie wundervoll eine Paddeltour auf den mecklenburgischen Seenplatten ist. Selbstbetrug am laufenden Meter. Ich bin hipp, mir geht es gut.

Es geht um die Stellung der Frau, die gleichgestellt ist, in der Realität aber unterbewertet wird, für gleiche Arbeit weniger Gehalt bekommt und das bisschen Hausarbeit neben dem Vollzeitjob auch noch erledigt, Kindererziehung nicht zu vergessen, es geht um die Wahrnehmung von Frauen. Welche Sicht habe ich auf Migranten, und Arbeitslose, weshalb bleiben Vorteile haften. usw.. Geltungskampf, Ideologien, Aufmerksamkeit, Geltungskonsum, Abwertung durch Schuldzuweisung, ziemlich viel wird in diesem schmalen Buch angesprochen. So viel Neues habe ich nicht gefunden, das haben wir alles schon vor 40 Jahren im Studium durchgekaut. Neu sind die Perspektiven auf die moderne Selbstausbeutung, ein Blick, den ich ziemlich interessant fand. Laura Wiesböck fordert auf, sich selbst ein Bild über eigene Privilegien zu machen, sich klar zu werden, in welcher Filterblase man sitzt, regt an, mit anderen Menschen in Kommunikation zu treten und sie oder ihre Meinung nicht gleich abzuwerten. Elternhaus, Hautfarbe, Bildung, Ethnie, Sexus, alles Dinge, in die ein Mensch hineingeboren wird, die er nicht abwaschen kann – wir alle sind Menschen, eben ein Mensch, wie ich einer bin.

Ein recht gutes Buch, wenn man sich noch nie mit dem Thema Denkmuster, Abgrenzung und Gruppenzugehörigkeit beschäftigt hat. Der Mensch ist ein Herdentier – zwischendurch sollte man über triebgesteuertes Handeln in Verbindung mit Fremdsteuerung nachdenken und sich selbst wieder erden. Hier wird eine Menge zum Thema angerissen, über das es sich lohnt nachzudenken. Jedes Kapitel beginnt mit einer Grafik.

Laura Wiesböck ist Soziologin an der Universität Wien. Sie forscht zu Formen, Ursachen und Auswirkungen von sozialer Ungleichheit. Für ihre akademische Arbeit wurde sie mit dem Theodor- Körner-Preis und dem Bank Austria Forschungspreis ausgezeichnet.

Cover des Buches In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen (ISBN: 9783218011334)
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Rezension zu "In besserer Gesellschaft: Der selbstgerechte Blick auf die Anderen" von Laura Wiesböck

Vorurteil und Selbstreflexion
camilla1303vor 5 Jahren

 Das Buch „In besserer Gesellschaft“ von Laura Wiesböck ist mit dem Untertitel „Der selbstgerechte Blick auf die Anderen“ im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Unterteilt ist das Buch mit dem Blick auf die Anderen, der in Wirklichkeit ein Blick auf uns selbst ist, in acht Unterkapiteln zu je einem Hauptthema: Arbeit, Geschlecht, Einwanderung, Armut und Vermögen, Kriminalität, Konsum, Aufmerksamkeit und Politik.  Laura Wiesböck beschreibt dabei, wie wir uns von unseren Mitmenschen distanzieren, die Anderen bewerten und uns selbst ins bessere Licht stellen. Dabei veranschaulicht die Autorin den Lesenden, dass niemand von Vorurteilen befreit ist und wir alle, zumindest ab und zu, in Stereotypen denken.

Laura Wiesböck beschreibt in ihrem Buch, die Vorurteile, die wir alle haben und versucht Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir „offener“ leben können, ohne je den Zeigefinger mahnend zu erheben. „In besserer Gesellschaft“ zeigt, dass wir doch nicht alle gleich sind und regt zur Selbstreflexion an. Die im Buch thematisierten Punkte dienen meiner Meinung nach auch als Diskussionsgrundlage und bieten somit Raum für „mehr“.

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