Clare ist auf einem Wochenendtrip in Kuba um sich dort auf einem Filmfestival die Premiere des neuen Horrorfilms von Yuniel Mata, 'Revolucion Zombi', anzusehen. Eigentlich wollte sie diese Reise zusammen mit ihrem Mann Richard machen, der Professor für Filmgeschichte war mit dem Spezialgebiet Horrofilme. Doch Richard starb wenige Wochen zuvor bei einem Autounfall und so reist Clare alleine nach Havanna um sich dort ihrer Trauer zu stellen.
Während ihres Aufenthalts in Havanna verschiebt sich die Grenze zwischen Einbildung und Wirklichkeit immer mehr, Clare taucht zunehmend ab in ihren ganz persönlichen Horrorfilm aus dem sie einen Ausweg sucht. Denn schon kurz nach ihrer Ankunft glaubt sie, Richard gesehen zu haben. Sie macht sich auf die Suche nach ihm, denn sie will verstehen, was er hier macht, wer er ist. Ist er tot, ein Geist? Oder zurückgekehrt von den Toten? Oder war er nie wirklich tot? Clare versteht nicht und genau so wenig versteht der Leser, man folgt Clare durch die verwinkelten Straßen immer weiter ins abgelegene und düstere Havanna. Je länger ihr Aufenthalt dauert, desto tiefer taucht Clare auch ab in die eigene Vergangenheit, sie beginnt ihre Kindheit und ihre Ehe zu reflektieren.
Das dritte Hotel ist keine herkömmliche Horrorstory, es gibt keine 'Jump-Scares' o.ä.. Das Buch lebt viel mehr von der immer düster werdenden Atmosphäre, die sich zunehmend verändert, je weiter Clare eintaucht in die Suche nach ihrem Mann. Als Leser hat man immer das Gefühl, das in den Schatten etwas lauert, das einen verfolgt und nie aus den Augen lässt.
Obwohl ich kein Fan von Horrofilmen bin, fand ich die zahlreichen Informationen, die van den Berg über den ganzen Text verstreut einbaut, sehr interessant. Sie erzählt von 'terrible places', von den 'last girls' und der Rolle der Frau in Horrorfilmen allgemein, davon, was es braucht um am Ende noch zu leben und dem Horror zu entkommen. Immer wieder zieht Clare Parallelen zwischen Horrofilmen und ihrem eigenen Leben, sie fragt sich, ob sie selbst eines dieser 'last girls' wäre.
"Das dritte Hotel" ist eine Geschichte über Horrorfilme aber auch Horror im Allgemeinen, über die Grenze zwischen Tod und Leben, zwischen Einbildung und Realität, zwischen Wahnsinn und Vernunft. Es ist aber auch eine Geschichte über Familie, über Beziehungen und über die Ehe, darüber, was wir von den Menschen wissen, mit denen wir das Leben verbringen und was das eventuelle Nichtwissen für das eigene Leben bedeutet. Das alles schildert van den Berg mit einer sehr präzisen Sprache, die aber gleichzeitig auch wirklich schön ist, sie zieht den Leser hinein in eine Spirale aus Geheimnissen, die sich der eigenen Vorstellungskraft zu entziehen scheinen. Van den Berg hat auch ein großes Talent, vermeintliche Nebensächlichkeiten zu beschreiben, so dass man sie beim ersten Lesen gar nicht als wichtig wahrnimmt, doch die Bilder tauchen immer wieder in den eigenen Gedanken auf und lassen einen nicht los. Generell sollte man hier beim Lesen aufmerksam sein um alles in seiner Ganzheit aufnehmen zu können, man muss auch manchmal innehalten und sich selbst fragen 'kann das sein, was passiert hier?' Zwischendurch war mir das alles ein klein wenig zu wirr und ungerichtet aber das hat sich gegen Ende des Buches wieder gelegt.
Mata beschreibt Horrorfilme wie einen Kompass, der durch einen neuen ersetzt wird und der nun eine andere Art von Wirklichkeit zeige ohne dass der Zuschauer diese Vertauschung mitbekomme.
und wenn die Leute das Kino verließen, nämen sie diese neuen Wahrheiten mit - wie Aale, die unter der Haut wimmelten.
Und genau so wirkt auch dieses Buch, es lässt einen nicht los, wie Aale unter der Haut.