Cover des Buches Die Sonne der Scorta (ISBN: 9783899032383)
Rezension zu Die Sonne der Scorta von Laurent Gaudé

Rezension zu "Die Sonne der Scorta" von Laurent Gaudé

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 14 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 14 Jahren
Die Geschichte einer süditalienischen Familie, die, aus einer Schande heraus entstanden, Generation für Generation ums Überleben kämpft. Sie beginnt mit dem kleinen Gauner Luciano Mascalzone, der nach 15 Jahren Gefängnis in das apulische Dorf Montepuccio zurückkehrt, aus dem man ihn vertrieben hat - die Geschichte der Familie Scorta. Zur sengend heißen Siesta-Stunde reitet er ein, um sich die Frau zu nehmen, die er nie haben konnte. Erst als man ihn erneut hinaustreibt und schließlich zu Tode steinigt, erfährt er, dass es nicht sie, die Angebetete, sondern ihre Schwester war, die ihm die Tür geöffnet und sich ihm freiwillig hingegeben hat. Rocco wird er heißen, der Bastard, und weil auch seine Mutter die Geburt nur um wenige Tage überlebt und die Bewohner das verhasste Kind sofort töten wollen, gibt Pfarrer Don Giorgio es zur Pflege in ein Nachbardorf. Rocco Scorta Mascalzone entwickelt sich fortan zu einer wahren Plage, raubt, mordet und vergewaltigt, heiratet aber schließlich und gründet eine Familie. Über fünf Generationen hinweg, von 1875 bis in unsere heutige Zeit, zeugt die Geschichte jeder und jedes einzelnen Scortas vom Überlebenswillen eines süditalienischen Clans und von dem Versuch, der Schande des Ursprungs zu entrinnen. Unter der glühenden Sonne, Symbol für Leben und Tod, und vor dem Hintergrund eines Familiengeheimnisses gedeihen das kleine Glück in Form eines Tabakladens ebenso wie die großen Leidenschaften, wie Liebe und Schuld, Reichtum und Armut. Ausgezeichnet mit dem PRIX GONCOURT 2004 Ein fantastisch vorgetragenes Hörspiel vorgetragen von Angelika und Robert Atzorn. Robert Atzorn trägt den überwiegenden Teil des Hörbuches vor. Einzig die Passagen, in denen eine zunächst unbenannt bleibende Ich-Erzählerin eine Art Beichte einem Geistlichen gegenüber ablegt, spricht Angelika Atzorn. Dabei spricht sie eher leise, demütigt, um Vergebung bittend, ja teils flehend und artikuliert dadurch exakt die Gefühle, die eine alte Frau, tief verwurzelt im römisch-katholischen Glauben, ihrem Beichtvater gegenüber an den Tag legen würde. Robert Atzorns Diktion hingegen klingt wesentlich aggressiver, herausfordernder und trotzig, ja teils kämpferisch-stolz und vermittelt dem Hörer absolut perfekt die Ambivalenz der Scorta zwischen Unbeugsamkeit, Überlebenswillen und Hass gegen „die Anderen“ im Dorf und doch versuchen sie, sich in die Dorfgemeinschaft anzupassen um endlich aus ihrem unverschuldeten Unglück heraus zu kommen. Gelungen ist dem Hörverlag damit eine hervorragende Umsetzung einer zu Recht preisgekrönten italienischen Familienchronik, die Hörbuchliebhaber jeder Provenienz restlos überzeugen wird, zumal es sich um eine ungekürzte Lesung handelt.
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