Cover des Buches Speak (ISBN: 9780312674397)
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Rezension zu Speak von Laurie Halse Anderson

Speak

von paevalill vor 7 Jahren

Rezension

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paevalillvor 7 Jahren
Der Titel "Speak" hat einen unmittelbaren Aufforderungscharakter, nämlich auszusprechen, anzuklagen und sich mitzuteilen.
Dass es nicht immer so einfach ist, zeigt "Speak" von Laurie Halse Anderson.


Während einer Party ruft Teenagerin Melinda die Polizei. Statt sich der vorgefallenen Situation direkt zu stellen, zieht sie den Ärger der anwesenden Partygäste auf sich und verschwindet.
Nach den Sommerferien hat es Melinda alles andere als leicht. Ihre Mitschüler ignorieren und verspotten sie, Melinda schafft es kaum mehr, sich überhaupt mitzuteilen. Erst nach und nach und mit Hilfe ihres Kunstlehrers und eines Mitschülers kann Melinda Stück für Stück Stärke finden, sich selbst eine Stimme zu verleihen und das Vorgefallene zu benennen.


Obwohl das Thema, der Vorfall, sicherlich im Zentrum der Geschichte steht und dazu noch viel Aufklärungsbedarf besteht, wie man dem im Buch enthaltenen Interview mit der Autorin entnehmen kann, beinhaltet es insbesondere auch das Plädoyer, Menschen Zeit zu lassen, ihre Stimme zu finden.
Es gibt genügend Situationen, die eine Person dermaßen in allen Funktionen erschüttern können, dass einem schlicht die Sprache dazu fehlt, es sich und anderen gegenüber einzugestehen und sich entsprechend mitzuteilen.
Auch wenn die eigentliche Kern-Botschaft "Speak", zu sprechen, kaum wichtiger sein könnte, so sollte man Menschen, von denen man womöglich gar nicht weiß, dass ihnen etwas sehr Schlimmes zugestoßen ist, nicht wegstoßen, sondern ihnen Zeit lassen und Möglichkeiten geben, ihre Stimme wiederzuerlangen und sich zum richtigen Zeitpunkt mitzuteilen.


Das Buch ist aus der Sicht von Melinda geschrieben, die erst zum Ende hin endlich ihre Stimme findet und sich ihrem Umfeld mitteilen kann. Vom Vorfall selbst erfährt der Leser ebenfalls erst sehr spät im Buch. Zum Einen wirkt das wie ein gewolltes Mittel, die Spannung entsprechend aufzubauen. Zum Anderen passt es bestens zur Tatsache, dass auch Melinda die Erinnerungen an den Vorfall zu verdrängen versucht und sich ihnen erst dann stellen kann, wenn sie sich stark genug dazu fühlt.


Abgesehen von der Wichtigkeit der behandelten Themen unterhält die Geschichte sehr. Melindas lässig-sarkastischen Bemerkungen und Gedankengänge passen herrlich zum grausamen Schulalltag, dem sich jeder Jugendliche stellen muss. Mit einigen Charakteren sympathisierte ich sehr schnell, z.B. David, den Melinda aufgrund seiner Stärke und seinem unbändigen Willen seine Meinung zu verkündigen, sehr bewunderte. Andere besitzen genügend Ecken und Kanten, um alles andere als platt zu wirken.


Das Symbol, der Baum, den Melinda als Kunstprojekt verwirklichen soll, passt wie die Faust aufs Auge hinsichtlich Melindas schwierigen Lebenssituation.


Für mich ein gelungenes Buch mit vorwiegend Stärken, aber auch kleineren Schwächen.
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