Da ich Autobiografien und Biografien liebe, hatte ich mir dieses Buch in gebundener Form vor Jahren gekauft und angefangen zu lesen. Anfangs war es interessant, bis mir diese unsägliche Beweihräucherungsarie einfach nur auf den Nerv ging. Natürlich verreisst kein Biograf den Biografierten, aber hier war es einfach too much der unreflektierten Lobhudelei.
Lea Rabin
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Ich gehe weiter auf seinem Weg
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"Da ist sie!" brüllten sie, als ich in die Garageneinfahrt unter unserem Miethaus einbog. Ich saß ganz allein in dem Wagen, kein Sicherheitsbeamter bei mir. „Nach den nächsten Wahlen wirst du mit deinem Mann auf dem Marktplatz hängen. Mit den Füßen nach oben. Wie Mussolini und seine Mätresse“, brüllte jemand aus der Menge. … Einige der Demonstranten vor unserem Mietshaus verglichen uns sogar mit Nicolae und Elena Ceaușescu, dem vielleicht meist geschmähten Despotenpaar der Neuzeit … Jitzchak und ich bekamen diese Schmähungen, diese Vergleiche mit faschistischen Unmenschen immer häufiger zu hören, je mehr der Friedensprozess an Dynamik gewann.“ – Leah Rabin: S. 12
Tel Aviv am 05. November 1995. Jitzchak Rabin ist auf dem Weg zur großen Friedenskundgebung auf dem Platz der Könige (heute trägt der Platz Rabins Namen). Plötzlich fallen Schüsse. Rabins Ehefrau Lea wird in Sicherheit gebracht. Kurze Zeit später die Gewissheit: Jitzchak Rabin ist tot. Erschossen von einem rechtsradikalen Juden, der wie viele seiner Landsleute den versöhnlichen Kurs Rabins den Palästinensern gegenüber als Verrat empfindet.
Die Welt reagiert schockiert. Die Feinde Israels sind nicht immer außerhalb des Landes zu suchen, nein auch im Inneren sind sie zu finden.
Mit diesem Buch verarbeitet Lea Rabin die Tragödie. Natürlich darf von der Ehefrau des Ermordeten keine objektive Betrachtung der Umstände erwartet werden. Dennoch gibt uns die Autorin guten Einblick in die Welt Israels.
In Rückblicken stellt sie uns beide Herkunftsfamilien vor:
Lea Schloßbergs Familie, immer schon zionistisch eingestellt, packt unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung die Koffer und wandert nach Palästina aus.
Jitzchak Rabins Familie war bereits 1905 zuerst in die USA ausgewandert um dann nach Zwischenstationen als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg in Jerusalem Fuß zu fassen.
Lea und Jitzchak begegnen einander 1943 in Tel Aviv und heiraten 1948. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass Jitzchak Rabin ausgerechnet in Tel Aviv ermordet wird.
Die Leser erhalten einen Einblick in jüdische Traditionen, die Geschichte des Landes und die ambivalente Haltung der Politik – egal ob Nahostpolitik der Europäer oder der USA oder der Innenpolitik Israels selbst.
Bei der Schilderung, wie ihr Jassir Arafat einen privaten Kondolenzbesuch abstattet (er ist wegen des zu großen Risikos zum Begräbnis nicht eingeladen), läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Sehr nobel, sehr respektvoll - sowohl dem Toten als auch der Witwe gegenüber.
Manche Leser mögen der Autorin sachliche Distanziertheit beim Schreiben vorwerfen. Das empfinde ich nicht so - ich spüre vielmehr stilles Gedenken in dieser viel zu lauten Welt.
Mit Lea Rabin ist die letzte Kämpferin für ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Arabern im heiß umkämpften Palästina gestorben.
Sie ist den Friedensweg ihres Mannes trotz Anfeindungen weitergegangen. Schalom!
Den aktuellen Politikern ist die Friedensmission keine Herzensangelegenheit mehr.