Eine emotionale Reise
von MirjamW
Kurzmeinung: Eine Zugfahrt mitten durchs Leben mit zwei authentischen, liebenswerten Hauptfiguren.
Rezension
"Sollten wir vielleicht in den kurzen Phasen des Glücks besser damit haushalten, es nicht sinnlos verprassen, sondern in Tüten abpacken und in Gläser füllen und einkochen für schlechte Zeiten?" (aus «In Richtung Stoppelfelder» von Lene Jansen)
Jule geht es schlecht, als sie in den Zug steigt, um in ihre alte Heimat zu fahren. Dass sie dabei auf Hannes trifft, mit dem sie mehr als nur eine Jugendliebe verbindet, macht alles noch schlimmer. Sie sitzen im selben Abteil, ausweichen geht nicht, sich aussprechen auch nicht, und schliesslich lässt Jule sich auf ein von Hannes vorgeschlagenes Spiel ein. Während der Zug sie unaufhaltsam Richtung Heimatdorf führt, bewegen sie sich auf einem schmalen Grat zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zwischen alter Vertrautheit, schlecht verheilten Verletzungen und neuen Gefühlen.
Als Leser*in sitzt man mit im Abteil, und auch wenn der Roman in der Ich-Perspektive aus Jules Sicht erzählt wird, bin ich Hannes beim Lesen fast nähergekommen. Manchmal wäre ich gern länger bei einem Handlungsstrang geblieben, aber wie das so ist, wenn man viel Zeit zum Nachdenken und Reden hat: Die Themen gehen ineinander über, manchmal gemächlich und manchmal sprunghaft. Der Roman ist gespickt mit kleinen und grossen Lebensweisheiten und schönen Metaphern, die mir – einem Dorfkind wie Jule und Hannes – sehr gut gefallen haben. Die titelgebenden Stoppelfelder sind übrigens eine davon.
Lene Jansen scheut sich nicht, in ihrem Roman den schweren Themen Raum zu geben. Sie tut dies auf eine sorgfältige Art, und es gelingt ihr, immer wieder Leichtigkeit und Schmunzelmomente dazwischenzuschieben. Ich war sehr gern mit Hannes und Jule unterwegs Richtung Stoppelfelder und danke der Autorin herzlich, dass ich bei der Leserunde dabei sein durfte.