Augenöffner
Sich zu versichern ist eine weit verbreitete und sinnvoll erscheinende Vorsichtsmaßnahme, was die Bewahrung von Sachwerten angeht, aber auch, was eine geplante Vermögensbildung oder Vermögensbewahrung betrifft
Die Verweigerung von Leistungen ist nun nicht das Kernthema dieses Buches von Leo Müller, durchaus aber schwingen auch solche Erfahrungen hier und da im Hintergrund mit, wenn Müller akribisch recherchiert Schritt für Schritt das finanzielle Verhalten (und die Verhältnisse) der Versicherungsbranche entblättert.
Denn schon seine anfänglichen Beobachtungen sind ja allgemein offenkundige Fakten.
Die großen Gebäude, die vielen Angestellten, das Ambiente der Hauptverwaltungen, Versicherungen, gerade große Versicherungen, treten nach außen bereits entsprechend gewichtig auf (samt ausführlicher Werbemittel und Werbeetats). Und ebenso klar ist, dass dies alles bezahlt wird vom Kunden, denn vom Himmel fällt das Geld für die Versicherungen ja nicht.
Wobei man Müller durchaus eine gewisse Einseitigkeit konstatieren muss, denn anders als Beispielsweise beim AWD (oder anderen „Strukturvertrieben“, die Müller intensiv anprangert) ist das Motiv, konkrete Versicherungen abzuschließen ja weniger persönliche Gier, sondern das Bedürfnis nach Absicherung von Werten oder gegen unvorhergesehene Ereignisse.
Kein Produkt, das in dieser Hinsicht dauerhaft auf Täuschung beruhen würde, könnte im Blick auf dieses Bedürfnisse über Jahrzehnte hinweg Kunden in so großer Zahl binden, wenn nicht auch eine Leistung in der Regel abrufbar wäre. Aber „Übervorteilung“, das lässt sich schon besser über lange Zeiträume händeln, vor allem, wenn eine Transparenz nicht gegeben ist und massiv gescheut wird.
Das ist der eigentliche Kern, den Müller betrachtet. Ob nicht für die „Leistung“ ein deutlich zu hoher (aber klug im Verschwommenen bleibender) Preis vom Kunden entrichtet werden muss.
Ob man das nun als „Betrugssystem mit gewaltigen Dimensionen“ gleich allgemein bewerten sollte (auch wenn Müller für diesen Begriff Argumente anführt) kann dahingestellt bleiben und vom Leser je nach persönlicher Beurteilung entschieden werden. Das aber Müller Schritt für Schritt hinter die Kulissen schaut und gerade den Umgang der Branche mit dem Geld der Kunden schonungslos offen legt, das ist durchaus in den Fakten interessant zu lesen.
Denn wenn die Ergo Versicherung „Lustreisen“ ihrer Belegschaft in großem Maßstab zur „Erholung“ anbot, dann zumindest ist klar, wie viel „übrig bleibt“ (zu viel) vom Geld der Kunden.
Nach weidlicher Aufarbeitung vor allem der „Finanzprodukte“ und deren massiver Schattenseiten bietet Müller als konstruktive Lösung zwar einen „alten Hut“, der aber nichts von seiner Bedeutung verloren hat:
Ohne Transparenz wird sich nichts ändern.
Eine Transparenz, die schon beim Provisionssystem für den Verkäufer nicht erkennbar ist, vor weniger bei vielen der gemakelten Produkte. So konnte sich der AWD jahrelang als „unabhängig“ bezeichnen, ohne offen zu legen, dass bestimmte Produkte eben ein vielfaches an Provision erbrachten und daher primär „vertickt“ wurden.
Was nicht nur bei dubiosen Fondsbeteiligungen im Übrigen gilt, sondern auch bei ganz klassischen Lebensversicherungen tiefes Misstrauen auf den Plan rufen sollte.
Die Checkliste für den Kunden am Ende des Buches bietet in dieser Hinsicht knappe, präzise und wichtige Fragen ab, die jeder sich stellen sollte, der mit Versicherungen und Finanzberatern zwecks Vermögensbildung- und Vermögenswahrung in Kontakt tritt.
Ein erhellendes Buch, das dem Leser die Augen öffnet.
Leo Müller
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Versichert, verraten, verkauft
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Neue Rezensionen zu Leo Müller
Seit ich als kleiner Junge von 8 Jahren die Bilder vom ermordeten Uwe Barschel im Fernsehen sah, hat mich der Fall irgendwie immer fasziniert.
Das Buch versucht die Ereignisse nüchtern und detailliert zu beschreiben und ergreift weder Partei für oder gegen Barschel. Die Autoren machen nicht Fehler die Baentsch in "Doppelmord an Uwe Barschel" gemacht hat .Die Autoren schreiben sehr ruhig und sachlich und nicht so reißerisch wie bei Baentsch, bei dem Barschel einfach zu gut wegkam. Hin und wieder hätte man sich einige fortführende Gedanken oder Denkmuster gewünscht wie z.B. bei den DDR Reisen.
Auch die These von der Sterbehilfe hätte etwas ausführlicher behandelt werden können , wurde aber von den Autoren gleich als abwegig abgetan.
Trotzdem für Barschelinteressenten zu empfehlen.
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