Rezension zu "Danger: Diabolik (Cultographies)" von Leon Hunt
Wann wird ein Film zu einem "Kultfilm"? Wenn der Film Reaktionen beim Publikum hervorruft, die über eine "normale" Identifikation hinausgehen. Wenn die Mehrheit des Publikums den Film ablehnt und es somit zu einer klaren Abgrenzung beim Filmgeschmack des Massenpublikums kommt. Wenn eine treue Anhängerschaft über Jahre und Jahrzehnte diesem Film immer wieder Tribut zollt. Wenn ein oft billig produzierter Film aufgrund seiner unfreiwilligen Komik und "trashigen Ästhetik" ein Publikum anzieht, welches auf den ersten Blick ungeahnte Qualitäten entdeckt.
Der italienische Filmproduzent Dino de Laurentiis (1919-2010) erkannte 1965 - 3 Jahre nach dem Start der von den Schwestern Angela und Luciana Giussani erfundenen Comicfigur an den Kiosken - das Potential von "Diabolik" fürs Kino und machte sich daran, den gezeichneten Superbösewicht in Fleisch und Blut auf die Leinwand zu bringen. Es dauerte einige Jahre, Drehbuchentwürfe und zwei Schauspielerinnen (u.a. die großartige Catherine Deneuve), ehe 1968 John Philip Law als der maskierte Meisterverbrecher, die Österreicherin Marisa Mell als seine Geliebte und Assistentin Lady Eva Kant sowie Michel Piccoli in der Rolle des Inspektor Ginko unter der Leitung des Kult-Regisseurs Mario Bava (1914-1980 - Regie u.a. "Kill, Baby, Kill!") ihr Entrée in der Filmwelt hatten. Die Filmmusik schrieb niemand Geringerer als Ennio Morricone.
Das vorliegende Buch aus der Reihe "Cultographies" widmet sich erschöpfend dem Phänomen des "Eurocult Cinema" anhand dieser ersten von drei Comicverfilmungen, die Dino de Laurentiis produzierte und alle Drei den "Kult"-Status erhielten: "Barbarella" mit Jane Fonda kam im selben Jahr in die Kinos und "Flash Gordon" mit dem kürzlich verstorbenen Max von Sydow sowie Topol im Jahre 1980.
Leon Hunt zeigt in seiner Arbeit auch auf, dass ein Film sich das Etikett u.a. damit verdient, dass sich die Geschichte eines Filmes verschiedener Genres bedient. So reiht sich die Frau an Diaboliks Seite nahtlos in die bemerkenswerte Riege starker Frauen wie Emma Peel oder Modesty Blaise ein. Diabolik selbst scheint ein Bruder des Fantômas zu sein, was Genie und das unterirdische Versteck betrifft. Die Gadgets und der schnittige Jaguar E-Type stehen einem coolen James Bond jener Tage in nichts nach.
Ein interessantes Büchlein mit faszinierenden Hintergrundinformationen zum Film, zum Comic und zu der Hoch-Zeit des Pop/Comic-Kinos. Der Film, der 2008 vom "Empire"-Magazin in die Liste der "500 großartigsten Filme aller Zeiten" aufgenommen wurde, lohnt entdeckt zu werden. Im Mai 2020 wird das US-Label "Shout!" den Film mit vielen Extras als Blu-Ray neu auf den Markt bringen.