Cover des Buches Geronimo (ISBN: 9783257069716)
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Rezension zu Geronimo von Leon de Winter

Eine Achterbahn der Gefühle

von LolitaBuettner vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Eine Verschwörungsidee, die sich zwar schnell wegliest, mir aber Albträume und wütende Momente beschert hat.

Rezension

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LolitaBuettnervor 7 Jahren
Dieses Buch bescherte mir Albträume. Das passiert in der Regel selten. Hier war es leider gleich zweimal der Fall. Das lag an der Figur des Osama bin Laden. Einzutauchen in seine Gedanken- und Gefühlswelt - sei sie auch fiktiv - hat mir nicht gefallen.

Leon de Winter ist ein herausragender Schriftsteller und sein Werk GERONIMO war für mich eine Achterbahn der Gefühle. Teilweise fand ich die Geschichte spannend, teilweise war ich genervt und enttäuscht.

Die Idee des Buches ist es, dass Osama bin Laden in seinem Versteck nicht getötet, sondern gegen ein Double ersetzt und verschleppt wird. Eine Idee ausgerechnet der Männer, die Amerikas Terroristen Nummer 1 schnappen sollten. (Interessante Idee, die Verschwärungsliebhaber jubeln) Mit diesem Ereignis verknüpfen sich wiederum die Schicksale der anderen Hauptfiguren.

Gleich zu Beginn nervte mich vor allem, dass in den meisten Absätzen amerikanische Phrasen oder Begriffe standen. Auf Seite 64 zum Beispiel beschreibt der Autor das "klassische amerikanische Haus" mit "sidnings", "family room" und "man cave".
Come on! Muss das sein? Selbst wenn die Figuren Amerikaner sind? Finden wir dafür keine Übersetzungen?

Enttäuscht war ich am meisten von dem Bild, dass Leon de Winter von Barack Obama zeichnet. In Kapitel 7 liest der Leser mehr oder weniger die Rede, welche der Ex-Präsident von Amerika damals führte, als die Operation zur Ergreifung Bin Ladens abgeschlossen war. Der Leser erfährt, dass Obama die Rede unbedingt selbst schreiben möchte. Er hält sich für unglaublich rhetorisch und kommt dabei sehr überheblich und ordinär daher. Zum Beispiel betitelt er Ex-Präsident Carter als einen "Loser" und G. W. Bush als "dummen Loser". Man mag von diesen Männern und ihrer Politik halten, was man möchte, aber ich bin wenig davon überzeugt, dass der wahre Barack Obama das so ausgedrückt hätte. Ich halte diesen Mann für klüger, ehrfürchtiger und respektvoller.

Dagegen ist das Netz an schicksalhaften Begegnungen und Momenten und Fantasie sehr intelligent gestrickt. Der Roman liest sich schnell und flüssig.

Das Ende war unbefriedigend. Da schmückt Leon de Winter seinen Roman mit solch bekannten Persönlichkeiten und vergisst das Ende. Warum denn so schmerzlich traurig mit noch einer Offenbarung, die nichts ändert? Auch wenn das wahre Leben mit Happy Ends des Öfteren spart, das Schicksal des Mädchens Apana in diesem Buch war für meinen Geschmack übertrieben traurig.

Vielleicht schreibt der wunderbare Leon de Winter bald wieder eine Geschichte ohne Bekanntheiten, dafür mit Figuren, wie du und ich. Denn zwischen Krieg, Terror, Globalisierung und Digitalisierung ereignen sich Einzelschicksale, die leider immer öfter untergehen, obwohl sie sich direkt am helllichten Tag, vor den Augen der Anderen abspielen. Und um den "De Volkskrant" zu zitieren: "Kein Autor der Niederlande traut sich so viel wie er."
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