Rezension zu "Das Kellerzimmer" von Lesley Marie Milton
Lesley Marie Milton legt mit ihrem Debüt einen soliden, in sich stimmigen Thriller vor. Physische Gewalt spielt zwar auch eine Rolle, im Vergleich zur psychischen Gewalt dennoch eine untergeordnete. An manchen Stellen habe ich vor Abscheu regelrecht Gänsehaut bekommen, da bestimmte Szenen leider sehr gut nachempfindbar sind, obwohl sie von der Autorin nicht detailliert beschrieben wurden – oder vielleicht auch gerade deshalb, die eigene Phantasie ist in dem Fall nicht zu unterschätzen.
Interessant ist der Ansatz, einen Blick hinter die glatte Fassade einer Wohnsiedlung zu werfen. Die schöne Oberflächlichkeit beschreibt die Autorin gut, mir kam sie sogar ein wenig vertraut vor. Die Charaktertypen, die sich tatsächlich hinter der Fassade verstecken, sind allerdings alles andere als schön. Die Damen der Wohnsiedlung könnten aus meinem persönlichen Umfeld stammen – Typ Modell, Moppel, Morgenmantelgammler. Schwer fiel es mir daher nicht, mir die Frauen vorzustellen und Anknüpfpunkte zu entdecken. Vielleicht ein wenig klischeehaft, dennoch wirken die Menschen in ihrer Art echt, auch wenn man sie dafür zum Teil nicht mögen kann.
Besonders Ingmar sticht dabei hervor, ein Ekelpaket von Mann, den man nicht mal seiner schlimmsten Feindin wünschen würde. Er wütet sich durch das gesamte Ebook und beim lesen hatte ich permanent das schlechte Gefühl, er plant bereits die nächste Grausamkeit. Was allerdings dahinter steckt und warum sich seine Frau diese unsägliche Situation bieten lässt, dürfte den Leser überraschen.
Insgesamt ist “das Kellerzimmer” ein knackig kurzer, gelungener Psychothriller, der einen kritischen Blick hinter die perfekte Fassade der spießig-piefigen Nachbarn wirft. Manche Dinge hätte man dabei aber am liebsten nicht erfahren...