Rezension zu "Sensation: Urban Thriller" von Liam Inning
Der Klappentext: „Jérôme, deutsch-französischer Bestseller-Autor und Frauenheld, hat sich zu weit vorgewagt: Seine Interview-Äußerungen zum modernen Dilemma der Frau werden verfälscht wiedergegeben. Unmittelbar darauf geraten die öffentlichen Anfeindungen gegen ihn außer Kontrolle. Doch auch seine eigenen Mittel waren nicht immer lauter – vor allem in der Liebe. Beim Versuch, eine junge Frau, die eigentlich viel eher an einer lesbischen Beziehung interessiert ist, für sich zu gewinnen, scheut er auch vor einer perfide gefälschten Story nicht zurück. Der Verrat an Menschen, die ihm nahe stehen, holt ihn nun selbst wieder ein. Als ein ehrgeiziger Politiker Jérôme auch noch für seine eigene vermeintlich gute Sache einspannen will, überschlagen sich die Ereignisse…“
Jérôme ist ein typischer Mann des Jahres 2022. Er liebte schon als Kind das Alleinsein und verlor sich am liebsten in die Fantasiewelten, die seine Bücher ihm boten und schrieb auch an ersten eigenen Geschichten, denn er war ungeheuer talentiert. Doch vor der Wirklichkeit kann man nicht immer fliehen.
Nun ist er Bestsellerautor und „Frauenheld“ (seine Beziehung mit seiner Freundin Agnes stellt ihn wenig zufrieden, denn er fühlt sich eingeengt und will nicht ständig wegen allem was er sagt und macht Rechenschaft ablegen) und eckt damit ganz schön an in einer Zeit der Genderfizierung, in der die Rolle der Frau neu überdacht wird. In einem Interview, das ohne seine Zustimmung unüberarbeitet im Fernsehen ausgestrahlt wird, kommt seine Meinung über die Rollenverteilung von Mann und Frau überhaupt nicht gut an und ein regelrechter Shitstorm wird losgetreten. Dies geht sogar soweit, dass er Opfer eines Anschlags wird, weil ein Sprengsatz in seinem Briefkasten deponiert wird, der jedoch bei der Detonation niemanden verletzt. Dieser Anschlag lässt viel Raum für Spekulationen in der Gesellschaft und ruft auch den Grünen-Politiker und „Generalsekretär Zukunft“ Dr. Schrödinger auf den Plan, der sich für die freie Meinungsäußerung einsetzen will. Jedoch stößt er bei Jérôme, der denkt, dass Schrödinger aus dem Anschlag auf ihn nur Profit schlagen und diese Tat für seinen Wahlkampf ausnutzen will, auf taube Ohren. Und doch wird Schrödinger noch eine wichtige Rolle in Jérômes Leben spielen.
Durch Rückblicke in seine Vergangenheit erfahren wir mehr über Jérômes Familie und Agnes. Außerdem lernen wir Caro kennen, die Jérôme im Alter von 20 Jahren kennen lernte. Caro, die zum Zeitpunkt des Kennenlernens 16 Jahre alt war, stand eigentlich schon damals eher auf Mädchen, aber vergessen konnte Jérôme Caro nie, auch wenn sie sich am Abend des Kennenlernens nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Und nun tritt sie zufällig wieder in sein Leben.
Und ab diesem Zeitpunkt nimmt sein Leben eine Wendung, denn eine Achterbahnfahrt mit Höhen, aber noch mehr Tiefen, beginnt. Ein literarisches Chaos, das genug Raum für Spekulationen einräumt und nicht immer eindeutig erscheinen lässt, was nun wahr und was nur Teil von Jérômes Schriftsteller-Fantasie ist.
Für mich war dieses Buch wieder ein absolutes Highlight. Mir gefiel die Thematik, es gab wieder viel Input zu verarbeiten, zu dem ich mich mit dem Autor in einer Leserunde austauschen konnte, und mir wurden wieder genug Gelegenheiten geboten, um darüber nachzudenken, wie ich zu den einzelnen, oft kritischen, Situationen stehe und was ich von diesem Thema „Genderfizierung“ im Allgemeinen halte.
Was mir wieder besonders viel Freude gemacht hat, war der Schreibstil. Ich bin mittlerweile wirklich ein Fan von Liam Innings Büchern (auch wenn es erst zwei sind), denn sein Schreibstil und seine Erzählweise sind einfach grandios. Ich kann mich wirklich in seinen Büchern verlieren. Auch der gesellschaftskritische Aspekt, das Hinterfragen von Meinungen und die Entschlüsselung, ob das, was man gerade gelesen hat, Wirklichkeit oder nur ein Tagtraum oder eine Fantasie war… Es macht die Bücher einfach besonders und ich mag das total, weil die Bücher mich als Leser*in fordern. Sie regen mich zum Nachdenken und zum aufmerksamen Lesen an und plätschern nicht so dahin, sodass ich mich nicht bemühen müsste.
Diese Art und Weise des Lesens macht mir total viel Spaß und ich bin gespannt, was Liam Inning künftig noch alles verfassen wird.
Während der Leserunde kam auch die Frage auf, welche Figur im Buch meine liebste war… Ich muss sagen, dass die Charaktere alle nicht schlecht waren, aber den Großteil fand ich wirklich anstrengend ^^ Vor allem Caro, weil sie sehr sprunghaft war, was ihre Launen betraf. Und auch Agnes fand ich sehr erdrückend und ich konnte nachvollziehen, warum sich Jérôme eingeengt gefühlt und die Beziehung dann beendet hat.
Aber die Charaktere waren allesamt authentisch und jeder für sich einzigartig und gut gemacht. Ich finde, es muss auch passen. Die Charaktere müssen einfach gut in die Geschichte passen und miteinander harmonieren. Und von den hier verwendeten Charakteren hat sich jeder in der Geschichte bewährt.
Meine „Lieblingsfigur“, falls man das so nennen kann, war tatsächlich die allein erziehende Mutter und Taxifahrerin Meike, mit der Jérôme am Anfang des Buches eine einmalige Liaison hatte. Sie war schlagfertig und unkompliziert und so was mag ich einfach ganz gern ^^
Mir bleibt nichts mehr zu sagen, außer dass mir das Gesamtpaket des Buches wieder total gut gefallen hat und ich mich gern herausgefordert sehe, wenn ich Bücher von Liam Inning lese.
Für mich war das mal wieder ein wirklich explosives Lesevergnügen, im wahrsten Sinne des Wortes. Deshalb vergebe ich nicht weniger als 🌟🌟🌟🌟🌟, die mehr als verdient sind und bedanke mich nochmal recht herzlich bei Liam Inning für sein Buch 😀